Erfinde eine Figur! (2)

Wenn ich mich für eine Schreib-Aufforderung entscheiden müsste, wäre es „Erfinde eine Figur!“ „Erfinde eine Figur!“ ist sowohl ein wunderbarer Einstieg für Menschen, die schon länger keine Geschichten oder literarischen Texte mehr geschrieben haben (oder noch nie!), wie auch für solche, die zwar über Schreibpraxis verfügen, denen es aber gerade kurzfristig an Ideen mangelt.

Manchmal ist sofort eine Figur „da“, sobald wir darüber nachdenken, aber wir können sie auch ganz langsam und vorsichtig umkreisen: Ist es eher ein Mann oder eine Frau? Jünger oder älter? Wo könnte sie wohnen? Allein oder in einer Beziehung? Ist sie zufrieden damit, wie sie lebt? Und wenn ja, wo könnte dann der Keim einer Unzufriedenheit lauern, den wir ihr zwar gerne ersparen würden, auf den wir aber zum Geschichtenerzählen kaum verzichten können. Oder wird ihre Zufriedenheit, gar ihr Glück von außen bedroht? Wenn diese Fragen  zu „groß“ werden und die Freude am Schreiben, am „Rumspielen“ zu nehmen drohen, hilft es vermutlich wieder auf die ganz konkrete Ebene zu wechseln: Wen gibt es in der Nähe dieser Figur? Und was für Gegenstände (vielleicht könnte ein besonderer darunter sein?) Gibt es Geheimnisse, Peinlichkeiten, Besorgnisse? Wie sehen die Schuhe aus oder putzt sie gerne? Aber warum mag sie den Keller nicht betreten?

Ich bin überzeugt, dass wer eine Zeitlang Figuren sammelt (und möglichst in der selben Datei oder im selben Notizbuch wohnen lässt), nahezu unweigerlich auch auf Geschichten „stößt“. Nicht als etwas Vollständiges mit Spannungsbogen und funktionierendem Anfang und Ende, aber vielleicht in Form von „Szenen“, mit denen man experimentieren – und vor allem anfangen könnte.

Weil ich neuerdings auch bei Twitter zu finden bin und mich die Frage reizt: Was ist möglich, was entsteht an Ideen in diesem 140 Zeichen-Format, habe ich auch ein paar #Figuren in die Welt gesetzt. Wer Lust hat, kann sich auch sehr gerne davon inspirieren lassen:

„Sie traut sich nicht, ihre Geschichten zu erzählen. Nicht einmal sich selbst.“

„Eine fixe Idee von ihr: Abhauen!“

„Die schlechte Luft hatte beide nach draußen getrieben. Da standen sie dann umgeben von Rauchern – so kamen sie ins Gespräch.“

Wer Lust hat mitzumachen, schreibt auf, welche Figuren oder Geschichten oder Ideen für Geschichten ihm oder ihr in den Sinn kommt: in das Kommentarfenster oder auf den eigenen Blog, ins Tagebuch oder mir per E-Mail (und ich stelle es hier ein). Ich freue mich auf Eure Ideen, Fragen und Anmerkungen!

7 Kommentare

  1. Liebe Jutta,
    ich bin zur Zeit (leider) schon mit den Figuren in meinem echten Leben überfordert…da kommt keine Erfindung mehr mit. Aber es ist wieder einmal reizvoll, in Deine Werkstatt zu blicken. Was ist zuerst da? Die Geschichte oder die Figur?

    1. Liebe Birgit, gut dass du mich darauf hinweist: es ist auch „erlaubt“, über reale Figuren zu schreiben – und gerade, wenn sie einen ordentlich „auf Trab halten“. Aber weil es ja im Leben nicht nur ums Schreiben geht, wünsche ich dir ganz viele „Figuren“, die so unanstrengend harmlos bis freundlich sind, dass es eine Langeweile hat!

        1. Liebe Birgit, ehrlich gesagt, ist das allergroßartigste am Schreiben: dass man alles darf! Das zu realisieren fällt manchen Menschen (auch in den Werkstätten) erstaunlich schwer. Manchmal höre ich dann solche Sätze: „Am liebsten wäre es mir, wenn als nächstes xy passierte“ und was antworte ich dann? „Du darfst alles! Du bist Gott!“ Wo hat man das sonst schon im Leben? Na gut, es gibt auch Computerspiele, bei denen man Gott spielen darf, aber kann man da alles bestimmen? Nein! Allerbeste Grüße!

  2. Liebe Jutta,
    deine Idee, die Figuren in einem Notizbuch – oder wo auch immer – zu sammeln, ist hervorragend! Meine fleuchen nämlich durch die ganze Wohnung und sind zum Teil so verblasst, dass ich sie nicht mehr finden kann. Bevor ich mich in Heften und Ordnern auf die Suche mache, lege ich mir mal schnell ein Notizbuch an. (Juchhu, ein neues Notizbuch!)
    Eine Zeitlang habe ich Fotos/Bilder von Personen gesammelt, in ein Buch geklebt und daneben geschrieben, was mir zu diesen Gesichtern einfällt. Das funktioniert aber bei mir nicht so gut. Ich kann die Figuren besser über eine Momentaufnahme entwickeln. Das heißt, ich sehe einen Menschen/eine Situation, manchmal etwas, das schon lange vobei ist und nur noch in der Erinnerung existiert. Daraus erwächst eine Figur, die sich schnell verselbständigt. Wenn ich ein paar Minuten/Stunden/Tage gedanklich mit dieser Figur gespielt habe, entwickelt sich eine Geschichte oder die Figur verschwindet wieder. Jetzt werde ich versuchen, diese Momentaufnahmen meiner Fantasie festzuhalten. Erwachte Sammelleidenschaft sagt man wohl dazu.
    Liebe Grüße und bis später!

    1. Liebe Sylvia, obwohl ansonsten kein besonders ordentlicher Mensch, bemühe ich mich sehr, all das angefangene, unfertige an Orten zu sammeln, wo es sich in „guter Gemeinschaft“ befindet. Einerseits weil es das leidige Suchen reduziert (aber der Gedanke hindert mich ja auch sonst nicht daran, die Dinge ungeordnet zu lassen 😉 aber eben vor allem, weil ich überzeugt bin, dass sich die Ideen (oder Figuren, Sätze, Anfänge, Szenen) dann manchmal heimlich verabreden, wie sie sich gemeinsam auf den Weg machen wollen – das erspart mir dann richtig viel Arbeit! Freue mich daher ganz besonders über deine erwachte Sammelleidenschaft – und freue mich schon auf „Fundstücke“ daraus! Herzliche Grüße!

Ich freue mich über Kommentare!

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