Heute kam die Mahnung. Dabei bildete ich mir ein, die Rechnung längst bezahlt zu haben. Gerne bezahlt. Ehrlich gesagt: mit Begeisterung bezahlt. Die Rechnung stammt von einem kleinen Verlag, der mir im Dezember vergangenen Jahres mitteilte, dass aus Gründen interner Umstrukturierungen die letzten 85 Exemplare einer Wettbewerbs-Anthologie zu einem sensationell günstigen Preis „verramscht“ werden sollten. Ich war eine von zwei Preisträgerinnen gewesen und hatte mich anlässlich des freudigen Ereignisses schon so reichlich mit dem schön gestalteten Büchlein eingedeckt, dass ich noch immer eine Reserve besaß, die mir für mein weiteres Leben ausreichend erschien. Aber da war ja noch etwas anderes …
Der Preis, um den es sich handelte, war der „Würth-Literaturpreis“ der Tübinger Poetik-Dozentur und mit der Auszeichnung war nicht nur ein ansehnlicher Geld-Betrag verbunden, sondern auch eine Laudatio von Herta Müller, die das Wettbewerbsthema vorgegeben hatte. Um die ganze Angelegenheit noch unwahrscheinlicher zu machen: Es handelte sich bei dem prämierten Text („Von einer Handtaschenwette in Zeiten der Chaostheorie“) um den ersten Text, den ich überhaupt je zu einem Wettbewerb eingereicht hatte. Und dann das! Ich war aufgeregt und verlegen und hegte Annahmen – unter anderem, dass ich diese Laudatio, der ich kaum hatte folgen können, „irgendwie bekäme“. Diesen Wunsch direkt und umstandslos bei der Verleihung zu äußern, kam mir unangebracht vor – und als ich diese seltsame Vorstellung Monate später aufgegeben hatte, schien es zu spät.
Immer mal wieder verschickte ich eine E-Mail, und immer mal wieder erhielt ich die mich zuversichtlich stimmende Antwort, „dass sich das bestimmt machen ließe“, doch dann passierte wieder nichts.
Aber dann im Dezember, als ich die Anfrage des kleinen Verlags erhielt, kam ich auf den kühnen Gedanken, mich einmal auf die simplen Grundregeln jeder Tauschwirtschaft zu besinnen. Ich kündigte an, gerne 5 Exemplare kaufen zu wollen, aber auch, dass ich diese Zahl ohne weiteres auf 50 erhöhen würde, wenn die Möglichkeit bestünde, quasi im Gegenzug …
Und tatsächlich – nun besitze ich den entsprechenden Auszug der Originalaufnahme. Herta Müller, die eine Rede über meinen Text hält. Eine Rede, die ich damals nicht nur deshalb nicht verstanden habe, weil ich aufgeregt war, sondern auch, weil ich noch so wenig wusste über das Schreiben und über meine Texte und, wie es mir jetzt scheint, auch über das Leben.
Gleich werde ich also endlich die Rechnung bezahlen und mich dabei auch noch an einem weiteren Detail erfreuen: Anstatt des angebotenen Anthologie-Bandes schickte mir der Verlag, als sei nie etwas anderes im Gespräch gewesen, 40 Exemplare (mehr seien leider nicht mehr vorrätig) eines schönen Heftes, das anlässlich der Verleihung des „5. Würth-Preises für Europäische Literatur“ an Herta Müller erschienen ist. In dem Heft enthalten ist nicht nur die Laudatio für Herta Müller, sondern auch ihre Dankesrede.
Daraus also zum Schluss ein kurzes Zitat: „Alles wurde immer etwas anderes. Zuerst unauffällig etwas anderes, wenn man es nur so für sich ansah. Dann aber nachweislich etwas anderes, wenn man Worte dafür finden mußte, weil man darüber sprach. Wenn man im Beschreiben genau sein will, muß man im Satz etwas finden, das ganz anders ist, damit man genau sein kann.“
Toll! Und Glückwunsch zu dem Preis und DER Laudatorin…ich glaube, da würde ich auch platzen vor Stolz! Und während der Rede inhaltlich nichts mitbekommen vor Aufregung…GLÜCKWUNSCH noch im Nachhinein und im Jetzt zum Erwerb der Anthologie und des Heftes mit der Rede: Einrahmen. Oder besser noch: Hier mal herzeigen…!
Ich schließe mich an: Die Rede hier zu lesen, würde mich freuen.
Herzlichen Glückwunsch!
Vielen Dank – ich werde nach einer Form suchen, in der das gehen kann!
Liebe Birgit,
vielen Dank für die herzlichen Glückwünsche! Und was das Herzeigen betrifft, da stellen sich mir ein paar Fragen, die ich versuchen werde, in etwas rasanterem Tempo zu beantworten, als ich bislang an den Tag gelegt habe (die Preisverleihung ist schließlich fast 15 Jahre her 😉
Da ich nicht nur Jutta Reichelt Fan, sondern auch Herta Müller Fanin bin (habe ausnahmslos alles von ihr gelesen), fände ich das einfach sehr erfreulich…!
Liebe Birgit, die Antwort an dich ist „verrutscht“, die Bemühungen das zu korrigieren haben zu weiterem Ungemach geführt und meinem Versuch, zumindest diesen Hinweis an der richtigen Stelle zu platzieren, war bislang auch kein Glück beschieden. Die Sätze machen manchmal, was sie wollen – und das ist mein letzter Versuch einzugreifen 🙂
Liebe Jutta,
sowas…aber die Sätze kamen jetzt mehrfach an, irgendwie hat es doch geklappt. Und ich freue mich nochmals ausdrücklich mit und für Dich! Übrigens: Irseer Pegasus – 🙂 Ich war jetzt wegen Herta Müller etc. noch neugieriger und habe gegoogelt. Irsee ist eine Einrichtung meines Arbeitgebers, leider aber schon lange her, dass ich beim Pegasus mal vor Ort sein konnte. Aber wie erfreulich dennoch, wie sich manche Dinge kreuzen, auch in diesem großen world wide web 🙂
Das ist wirklich ein sehr erfreulicher Zufall, zumal ich Irsee nicht nur den schönen Preis zu verdanken habe, sondern dort auch die Bekanntschaft, später Freundschaft, zweier Schrifttstellerinnen gemacht habe, deren Rat und Rückmeldung mir ungemein wichtig ist: Ulrike Ulrich und Kerstin Becker. Und dann bin ich auch schon mit großer Begeisterung Teilnehmerin des Kunstsommers gewesen und mache oft Werbung dafür – mit Irsee rennst du bei mir also weit geöffnete Sympathie-Türen ein 😉
Super! Der kunstsommer ist auch eine sehr schöne Sache, ich war dort die letzten Jahre immer mal wieder zur Abschlußpräsentation. Irsee ist überhaupt ein angenehmer Ort …und danke für die Werbung 🙂
herzlichen Glückwunsch! Und wenn du von den 40 Exemplaren eins entbehren kannst, würde ich sehr gern eins haben. ich hab nicht die gesamte Korrespondenz zwischen dir und Birgit gelesen (ob du es vielleicht hier irgendwie veröffentlichst), aber wenn du uns eins verkaufen würdest, bitten wir jetzt einfach mal ganz dreist um eine Widmung 🙂
ganz liebe grüße
Marlis
Liebe Marlis, ich entbehre gerne eins oder auch mehrere – wobei es ja so ist, dass ich nun 40 Exemplare des Heftes besitze, das die Verleihung des „Würth-Preises für Europäische Literatur“ an Herta Müller dokumentiert. Ich verschicke das gerne und lege bei „nachgewiesenem Interesse“ (wie in deinem Fall 😉 gerne „meinen“ Text und die dazugehörige Laudatio bei. Wer daran interessiert ist, kann mir gerne mailen (jutttareichelt@aol.com). Statt einer Bezahlung würde ich mich über eine Spende an das Blaumeier-Atelier freuen, dem ich seit vielen Jahren mit großer Begeisterung angehöre und das schon ein inklusives Kunstprojekt war, als es das Wort „inklusiv“ noch gar nicht gab 😉 Ein Link zu Blaumeier findet sich natürlich in meiner Link-Liste …
Liebe Marlis, ich würde dir gerne „etwas“ schicken – aber ich bräuchte eine Adresse 😉
„Chapeau“ sagt man, wenn man seine Bewunderung ausdrücken will, und das tue ich hiermit, und ich möchte mich in das „Ganz Andere“ einklinken: Statt unsere Reise zu machen, haben wir sie storniert und statt dessen ganz andere Erfahrungen gemacht……….
Welche? Das ist eine ganz andere Geschichte………..
Bis bald, um mit dir über den Erwerb eines Exemplars zu reden!?
Dorothea
Unbedingt bis bald – ich melde mich! J.
Herzlichen Glückwunsch! Ist es nicht ein wenig so, als hättest du den Preis zum zweiten Mal bekommen? Mir erscheint es fast so. Unerwartete Wendungen, einen Wunsch über längere Zeit verfolgen …
Ja, das dachte ich auch – nicht zuletzt angesichts dieser so zahlreichen Glückwünsche. Auch dir dafür herzlichen Dank!