„Ändere nicht deinen Stil, sondern deine Persönlichkeit!“

lautet eine von dreizehn Empfehlungen des Schweizer Autors Peter Stamm (angestiftet dazu von der „Neuen Rundschau“ und in Anlehnung an Walter Benjamins „Ankleben verboten“). Kann das ernst gemeint sein? Oder müssen wir uns nicht zumindest ein Augenzwinkern des Autors vorstellen, wenn nicht vielleicht sogar ein schallendes Gelächter?

Bar jeder Ironie und mit dem Pathos, das vielleicht nur einem amerikanischen Autor möglich ist, schreibt jedoch auch Jonathan Franzen: „Mit jedem Buch muss man so tief wie möglich graben und so weit wie möglich ausholen. Und wenn man das tut, und es gelingt einem ein halbwegs gutes Buch, dann heißt das, beim nächsten Buch noch tiefer graben und noch weiter ausholen zu müssen (…). Was praktisch heißt, dass man um das nächste Buch zu schreiben, ein anderer Mensch werden muss. Der Mensch, der man bereits geworden ist, hat das beste Buch, das er schreiben konnte, ja bereits geschrieben. Ohne sich zu ändern, kommt man nicht voran.“ (Weiter weg, 2013)

Diese Aufforderung, um des Schreibens willen, um eines besseren Textes willen eine andere, ein anderer zu werden, könnte dem bisherigen Nachdenken über „das Autobiographische“ eine willkommene Wendung ins Absurde geben: Nicht, wir schreiben uns in unsere Texte ein, sondern die Texte schreiben, ja erzwingen von uns ein anderes Leben.

Aber das ist ja nur eine mögliche Lesart. Eine andere: (Auch) wenn wir schreiben, machen wir es uns vielleicht manchmal gerne eine bisschen gemütlich – oder auf „bequeme“ Weise ungemütlich. Anstatt nach Geschichten zu suchen, die uns erlauben, von dem zu erzählen, was uns wirklich beunruhigt, was uns ratlos und unglücklich macht, beugen wir uns beredt über die Probleme und Unglücke, die nichts an oder in uns ernsthaft in Frage stellen. Sehen wir schon in der Anstrengung des Gestaltens einen Beleg dafür, dass wir „die Guten“ sind. Verschenken wir die Möglichkeit, uns zu ändern …

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