(43) Noch mehr Ideen für (erste) Schreibprojekte

Wenn Menschen allmählich in eine regelmäßige Schreibpraxis finden, wollen sie nach einer Weile gerne etwas „Längeres“ schreiben – aber noch nicht gleich einen Roman. In diesen Fällen bieten sich Projekte an, die aus kürzeren miteinander lose verbundenen Texten bestehen. Bei der Suche nach einem solchen (verbindenden) Merkmal sind der Phantasie keinerlei Grenzen gesetzt und wer hier in den Schreibanregungen der vergangenen Monate stöbert, wird sicherlich einen passenden Impuls finden, mit dem er oder sie „in Serie gehen könnte“. Aber natürlich lassen sich auch ganz andere Serien ausdenken und „Verknüpfungsmöglichkeiten“. Ich selbst mag sehr gerne Serien, bei denen die Texte einzelne, kleine Notizen sind, die jeweils ein Wort, einen Gedanken des vorangegangenen Textes aufnehmen. Oder vielleicht auch nur eine Atmosphäre.

Heute möchte ich als Projekt eine Kombination von zwei meiner liebsten Schreibimpulse vorstellen. Beide habe ich hier natürlich schon vorgestellt, nämlich „Ich erinnere mich …“ und „F wie fiktiv! Alphabete als Schreibanregung“. Alphabete sind  in diesem Kontext genau ein solches „verbindendes Element“ und sie lassen sich zu ganz unterschiedlichen Themen schreiben (z. B. Orte/Menschen/Dinge, die für mich wichtig sind/Verluste/Behausungen/Grünes/Reisen) und in der Suche nach einem individuell passenden Thema liegt bereits ein wichtiger Teil des kreativen Prozesses. In einer meiner Werkstätten, in der wir im vergangenen Jahr viel mit Alphabeten gearbeitet haben, hat eine Teilnehmerin ein wunderbares Alphabet für ihren Mann geschrieben, eine andere hat zu „Nahrung/Essen“ und ihren damit verbundenen Ausbildungen Texte verfasst und es war faszinierend, wie facettenreich, wie vielschichtig und ergiebig dieses Thema war. Ich selbst schreibe seit längerem (und vorzugsweise während Schreibwerkstätten) an einem Alphabet zum autobiografischen Schreiben – der Möglichkeiten sind also wirklich viele und zu meiner Freude hat Christiane auf ihrem Blog „Irgendwas ist immer“ das Thema kürzlich ebenfalls aufgegriffen, dort findet Ihr weitere Anregungen. Wichtig ist, sich immer wieder klarzumachen, dass es kein „richtig/falsch“ in diesem Zusammenhang gibt und dass Ihr Euer Alphabet so zusammenstellt und schreibt, wie es Euch gefällt!

Hier möchte ich heute die Möglichkeit vorstellen, ein Erinnerungs-Alphabet anzulegen. In einem ersten Schritt notiert Ihr dabei zu allen Buchstaben Dinge oder Ereignisse, Namen oder Orte, mit denen Ihr möglichst konkrete, plastische Erinnerungen verbindet.(Diese Liste wird während des Prozesses vermutlich immer länger werden, aber entweder wählt Ihr aus oder Ihr schreibt tatsächlich zu einigen Buchstaben mehrere Einträge). Und dann beginnt Ihr mit den Buchstaben, zu denen es Euch hinzieht. Wenn Ihr mögt, verwendet „Ich erinnere mich …“ als wiederkehrenden Satzanfang. Das widerstrebt manchen Menschen, weil ihnen jede Wiederholung  in der Schule als Fehler markiert wurde, aber in diesem Fall handelt es sich nicht um einen Fehler, sondern um ein Stilmittel und zugleich um eine Art Beschwörungsformel, denn wenn wir auf diese Weise unseren Erinnerungen nachgehen, tauchen mit großer Wahrscheinlichkeit weitere auf.

Weil dieser Beitrag der letzte vor einer  Sommerpause ist, die ich mit der „Offenen Digitalen Schreibwerkstatt“ bis zum 25.09. einlege, möchte ich aber auch noch ein paar Schreibprojekt-Anregungen für diejenigen von Euch notieren, die es mehr ins Fiktive zieht. Schöne Serien lassen sich auch entlang einer ausgedachten Nachbarschaft schreiben oder indem Ihr drei oder fünf Figuren frei erfindet oder eine Figur in drei oder fünf unterschiedliche Schwierigkeiten geraten lasst oder beschreibt, wie eine erfundene Figur jeweils ihre „runden Geburtstage“ feiert oder oder oder … Auch hier gilt: Alles ist erlaubt und die Suche nach einem reizvollen Schreibprojekt ist bereits notwendiger Bestandteil des schöpferischen Projektes.

Ich wünsche Euch eine möglichst gute Zeit, hadert so wenig wie irgendmöglich mit Euch, tragt Masken und wenn Ihr auf der Suche nach zusätzlichen kreativen Anregungen seid: Abonniert den Newsletter von Austin Kleon (den einzigen, den ich jeden Freitag lese) oder stöbert auf seinem Blog, dem ich schon unzählige Anregungen entnommen habe. Bis bald!

5 Kommentare

  1. Ich wünsche dir einen schöne „freie Zeit“, liebe Jutta.
    Wenn man bei uns Soloselbstständigen überhaupt von einer freien Zeit sprechen kann.
    Liebe Grüße von Susanne

Ich freue mich über Kommentare!

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