(42) Vom Hölzchen aufs Stöckchen

„Alles ist erlaubt“ heißt der Kurs, den ich auch dieses Jahr wieder im Rahmen der Sommerakademie der VHS Diepholz in Bassum anbiete. Die Teilnehmer:innen können an großen (Roman)-Projekten arbeiten oder an Miniaturen, sie können Haikus schreiben oder Krimis. Morgens stelle ich den Teilnehmer:innen jeweils einen Schreibimpuls vor, sie können ihn aufgreifen – oder sich direkt der Arbeit an ihrem Projekt zuwenden.
Ein großer Reiz der Sommerakademie besteht für mich in der Möglichkeit, einen Einblick auch in die künstlerischen Prozesse anderer Künstler:innen zu erhalten. Dieses Jahr fanden parallel die Kurse „Mixed Media Collagen“ mit Cordula Kagemann und „Buchexperimente: Notiz von der Natur“ mit Odine Lang statt. Mit Odine hatte ich schon im letzten Jahr einen etwas engeren Austausch vereinbart, so dass wir beide die jeweils anderen Kurse an einem Nachmittag besucht und zwei, drei Anregungen aus unserem Bereich vorgestellt haben. Odine hat zwei einfache Faltungen für kleine Hefte gezeigt und ich habe in ihrem Kurs drei Schreibanregungen vorgestellt – eine davon ist „Vom Hölzchen aufs Stöcken …“
Diese Anregung nimmt einerseits das Natur-Thema von Odines Kurs auf und ist einmal mehr eine Aufforderung, im kreativen Bereich „das Gegenteil zu machen“ – in diesem Fall: ausschweifend werden, sich von einer Assoziation zur nächsten treiben lassen und neugierig zu schauen, wo wir dann landen.
In das kleine X-Heft, dessen Faltung Odine uns am Tag zuvor gezeigt hatte, habe ich die Anregung so notiert:

Schreibanregung „Vom Hölzchen aufs Stöckchen“

„Vom Hölzchen aufs Stöckchen:
Wähle einen Gegenstand als Ausgangspunkt. Beschreibe ihn. Löse dich von der Beschreibung und notiere alles, was dir an Assoziationen, Erinnerungen, Fragen in den Sinn kommt. Lass deine Gedanken schweifen. Finde ein Ende möglichst weit vom Anfang entfernt – oder in seiner Nähe.“

Natürlich eignen sich für diese Schreibanregung alle möglichen Gegenstände – sie müssen nicht aus der Natur stammen. Aber vielleicht hat von Euch jemand Lust, das auszuprobieren und vielleicht sogar das Schilf, das in Odines Kurs als Motiv wie auch als Zeichen-Werkzeug genutzt wurde, als Ausgangspunkt zu verwenden?! Das würde mich freuen!

Nachtrag 17.08.2020: Ich freue mich dass Jenny Menger, die an der Sommerakademie teilgenommen hat, mir ihren schönen „Vom Hölzchen aufs Stöckchen“-Text für eine Veröffentlichung hier auf dem Blog zur Verfügung gestellt hat – vielen Dank, Jenny!

Vom Hölzchen auf’s Stöckchen
Ich dachte, es wäre eine gute Idee gewesen, einen Blumensamen mitzunehmen. Aber jetzt, wo ich ihn beschreiben soll, merke ich, dass ich nicht mal weiß, von welcher Pflanze er ist. Außerdem fällt er gerade auseinander. Das Samenkorn, das er ursprünglich mal tragen sollte, liegt jetzt irgendwo unter meinem Stuhl, und die kleinen, weißen Schwerbeärmchen fangen auch schon an, sich abzulösen. Eigentlich ist er wie ein Löwenzahnsamen. Nur fehlt die lange Tragevorrichtung zwischen dem Samen und den Fliegedingern. Ich weiß selbst, dass das keine sehr schöne Beschreibung ist, aber wie soll ich es sonst nennen? In der Natur gibt es ja allerhand Flugapparate, sowas wie Federn, oder die Spannhaut des Gleithörnchens. Und zählen auch die „Flügel“ eines Mantarochens dazu? Anmutig ist es ja, wie sie sich durchs Wasser bewegen, aber müsste man dann nicht zwangsweise auf den Gedanken kommen, die Flossen aller Fische zumindest als potenziell flügelartig anzuerkennen? Denn was macht dann noch einen Flügel aus? Und wenn man sämtlichen Fischen die Flügel abspricht, ist das dann schon Diskriminierung?

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