(12) Wie entwickelt sich die „Virtuelle Schreibwerkstatt“ – und wohin?

Als ich vor drei Wochen erwog, eine Virtuelle Schreibwerkstatt zu eröffnen, da hatte ich selbst keine genaue Vorstellung davon, wie das konkret aussehen könnte. Und als ich dann loslegte, war mir immer noch vieles unklar. Genau das macht ja kreative Prozesse ganz allgemein aus: Wir haben eine Idee und schauen dann, was passiert. Ob überhaupt etwas passiert. Ob es uns gelingt, aus der ersten vagen Idee, eine Geschichte zu entwickeln – oder eine Schreibwerkstatt.
Nach einer Weile kann man dann mal prüfen, ob die Richtung stimmt. Bei Texten kann es sein, dass man mehr als nur einige Seiten geschrieben haben muss, um einschätzen zu können, ob die Richtung stimmt. Deswegen ist Schreiben, deswegen sind Texte so komplex, weil es eben sehr viele Schrauben gibt, an denen man drehen kann.

Bei Schreibwerkstätten ist die Situation etwas überschaubarer, sie orientieren sich vor allem entlang zweier Achsen: einerseits variiert das Verhältnis von Schreiben und dem Austausch über das Geschriebene und andererseits unterscheiden sie sich hinsichtlich Offenheit und Geschlossenheit. In einigen meiner Werkstätten wird überhaupt nicht geschrieben und der Zweck des Zusammenseins besteht ausschließlich im Austausch von (zuvor) geschriebenen Texten. In anderen Werkstätten steht das Schreiben vollkommen im Vordergrund, wie es bei der Offenen Schreibzeit der Fall ist, bei der alle kommen und gehen können, wie es für sie passt und es vor allem darum geht, den Teilnehmer:innen das Schreiben dadurch zu erleichtern, dass andere mit am Tisch sitzen – und auch schreiben. Es erstaunt sowohl die Teilnehmer:innen als auch mich immer wieder, wieviel kreative Energie allein dadurch freigesetzt wird.

Meine vage Idee war, diese Offene Schreibzeit in den virtuellen Raum zu befördern. Es war mir klar, dass die Offenheit eine besondere Herausforderung ist (die „geschlossenen“ Werkstätten lassen sich ja relativ umstandslos so wie andere Besprechungen auch als Videokonferenz durchführen). Was könnte im virtuellen Raum der Tisch sein, an dem wir alle sitzen? Zumal wenn (was mir ja ebenfalls ein Anliegen war) diese Werkstatt ganz unterschiedliche Menschen ansprechen sollte: echte Anfänger:innen genau so wie Menschen, die über regelmäßige Schreibpraxis verfügen?

Ehrlich gesagt, wusste ich auch das nicht. Aber jetzt, zwei Wochen später habe ich den Eindruck, dass wir auf einem ganz guten Weg sind. Miteinander haben wir einen Raum geschaffen, der jederzeit offen ist für alle (also auch für diejenigen, die jetzt oder später dazukommen) und in dem und um den herum es recht lebendig zugeht. Manche lassen in diesem Raum eine kleine Notiz, einen kleinen Gruß zurück – oder vielleicht auch einen Text. Andere verfolgen das Geschehen aus etwas größerer Entfernung, fühlen sich aber dennoch ein bisschen verbunden. Irgendwie gemeinsam und zugleich jeder für sich. Das passt gerade ganz gut in diese Zeit, aber für das Schreiben passt das für viele auch grundsätzlich ganz gut.

„Diese Zeit“. Als ich die Virtuelle Schreibwerkstatt eröffnet habe, da dachte ich, dass „diese Zeit“ eine Frage von Wochen wäre, dass es danach wieder „irgendwie normal“ weiterginge. Deswegen war diese Werkstatt in meiner Vorstellung auf drei, vier Wochen angelegt, deswegen konnte ich mir vorstellen, täglich zu bloggen. Aber seitdem hat sich so vieles schon wieder verändert und deswegen auch der zeitliche Horizont dieser Werkstatt – und auch die Herausforderung, die ich für mich selbst damit verbinde: Bis zum Sommer werde ich hier weitermachen (sofern nichts dazwischen kommt) und Ihr werdet alles erahren, was mir wesentlich erscheint rund um den Schreibprozess und das Schreiben – und ich werde dadurch endlich den (alternativen) Schreibratgeber geschrieben haben, den ich verfassen möchte, seit es diesen Blog gibt.

Konkret bedeutet das: Ich werde weiter jeden Werktag hier vorbeischauen und Kommentare oder Fragen beantworten. Aber ich werde nicht mehr jeden Tag posten, sondern „nur noch“ dienstags und freitags. Morgen gehts also weiter!

21 Kommentare

  1. Zweimal die Woche ist schon viel. Hab Dank, Jutta, ich bin gerade nicht so aktiv, wie ich eigentlich dachte und möchte, aber nach wie vor sehr interessiert.
    Liebe Grüße, komm gut in die Woche
    Christiane 😁☕🌞👍

    1. Liebe Christiane, vielen Dank! Und ich habe auch das Gefühl, dass es wichtig ist, dass wir uns ein bisschen Zeit lassen mit allem und nicht so tun, als wäre das gerade das lang ersehnte „Schreib-Retreat“ … Liebe Grüße!

  2. Eine Verlangsamung dafür aber Verlängerung finde ich für mich sehr gut geeignet. Ich möchte ja gerne alles probieren, schaffe das aber nicht im Tagesrhythmus. Und nochmals vielen Dank für die wunderbare Idee

  3. Liebe Jutta,
    herzlichen Dank für die Schreibwerkstatt, sie ist genau das, was ich gesucht habe – auch wenn ich die Aufgaben so abwandle, dass sie zu meinem aktuellen Projekt passen, und nicht alle mitmache. Gerne hätte ich deinen Kurs in Syke besucht, aber leider fällt er ja aus. Ich würde mich freuen, wenn du virtuellen Ersatz schaffen könntest – und natürlich würde ich auch dafür zahlen. Auf jeden Fall schaue ich dienstags und donnerstags auf deiner Seite vorbei. Und ich bin gespannt auf deinen alternativen Schreibratgeber. Nochmal Danke für die Anregungen und deine Mühe und liebe Grüße Eva

    1. Liebe Eva, so hatte ich es mir ursprünglich auch vorgestellt: Jede/r pickt sich raus, was sie oder ihn anspricht und wandelt es so ab, dass es passt. Was den virtuellen Ersatz für die anderen Werkstätten betrifft, werde ich erstmal abwarten, wie sich alles entwickelt. Wenn auch in der 2. Jahreshälfte noch keine „normalen“ Werkstätten stattfinden können, dann werde ich das wohl wirklich anbieten. Und ach ja: Die Tage sind Dienstag und Freitag 😉 Liebe Grüße auch von mir!

  4. Liebe Jutta, meine anfängliche Mitmacheuphorie hat sich leider ziemlich abgeflacht. Zum einen bin ich in meine Arbeit doch noch relativ stark zeitlich und gedanklich eingebunden, von müßiger Zeit keine Spur… Zum anderen schrecken mich die „großen“ Aufgaben ehrlich gesagt eher ab: eine Serie, das Alphabet oder die Figur in Schwierigkeiten, dafür habe ich leider gerade keine Kapazitäten. Allerdings finde ich es ja gerade spannend, was verschiedene Leute zum gleichen Impuls produzieren. Mit zwei pro Woche bin ich also absolut gut versorgt, und hätte lieber kleine Häppchen für zwischendurch 🙂 vielen Dank für dein Angebot und herzliche Grüße, Anna

    1. Liebe Anna, vielen Dank für deine Rückmeldung! Ich werde sie am Freitag aufgreifen (ich hatte sowieso das Gefühl, dass es mir noch nicht gelungen ist, das hinreichend klarzustellen): Die Idee ist ja, dass jede/r sich raussucht, was für sie oder ihn passt – und gleichzeitig ist die Idee auch nicht, dass man einen Impuls einmal aufgreift und dann ist er „abgearbeitet“, sondern da ruhig mal etwas dranbleibt und damit rumexperimentiert. Aber dieses Missverständnis lauert auch in den normalen Werkstätten immer – sobald es ums Schreiben geht, ist einfach der Schulkosmos mit seiner Logik so nah … Es würde mich sehr freuen, wenn du dir für dich die passenden „Häppchen“ zusammensuchst! Viele Grüße J.

      1. Liebe Jutta, doch, das hab ich schon verstanden. Aber ich mag Struktur 😉 und die Herausforderung, mich in ein Raster fügen zu „müssen“. Damit verlasse ich meine Komfortzone, was meist sehr bereichernd ist. Schönen Tag dir!

  5. Ich war anfangs dabei, habe aber rasch die Lust verloren zu folgen. Grundsätzlich sehe ich ein Problem von Lehrgängen jeder Art im Blog. Dieses Medium ist interaktiv angelegt, es lebt von wechselseitigen Impulsen. Wer wie du einen Lehrgang anbietet, liebe Jutta, hat naturgemäß genug damit zu tun, im eigenen Blog zu interagieren. Es fehlt dann aber an der Zeit zu schauen, was die anderen schreiben in ihren Blogs schreiben und dort ebenfalls zu kommentieren. Wer aber sein Blog als Einkanal-Verkündigungsmedium nutzt, fährt einen Porsche im Rückwärtsgang.
    Schöne Ostertage
    Jules

    1. Ja, das ist ein Problem, für das ich keine Lösung habe (wobei ich mich sehr bemühe, die im Zusammen mit der Werkstatt auf anderen Blogs entstandenen Texte anzusehen). Dir auch schöne Ostertage!

    1. Auch mir gefallen deine Beobachtungen sehr – und die Überlegungen und Fragen, die aus ihnen entstehen. Wenn du wollen würdest, könntest du daraus mühelos Geschichten entwicklen. Was wäre wenn … Was wäre, wenn der junge Mann tatsächlich schon Vater wäre? Was wäre, wenn die ältere Dame trotz Corona auf dem Weg zu einem heimlichen Date wäre, was wenn die Pubertierenden behaupten, sie wären auch ganz furchtbar herumgezerrt worden … Der „Keim“ einer Geschichte ist jeweils schon da …

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