Für diejenigen, die schreiben, gibt es zwei Arten von eigenen Geschichten: die selbst erlebten und die selbst erfundenen – und es gibt Geschichten, die man „erfindet, um zu erzählen, wie es war“ (Eugen Ruge). Weil für das Erlebte die Worte fehlen oder eher noch: weil die Schilderung des Erlebten das Wesentliche nicht enthält.
Jonathan Franzen schreibt in seinem Essay „Über autobiographische Literatur“ (dt. 2013): „Hier liegt ein wichtiges Paradox, das ich hervorheben möchte: Je größer der autobiographische Gehalt im Werk eines Schriftstellers, desto geringer die oberflächliche Ähnlichkeit mit seinem Leben.“
Wir können uns das Schreiben einfacher machen, wenn wir nach den Dingen suchen, die uns umtreiben, uns berühren oder die uns als Fragen verfolgen. Wenn wir hingegen davon erzählen, was wir „der Welt immer schon mal sagen wollten“, geraten wir unweigerlich in eine dozierende Haltung, die kaum eine Leserin, kaum ein Leser mögen wird. Wenn wir hingegen eine Geschichte erzählen, die von einem echten Dilemma handelt, von einem Konflikt, in dem es keine einfache Lösungen gibt, dann bekommen wir möglicherweise etwas geschenkt, das wir sonst mit noch so viel Mühe nicht in den Text hineinpumpen können: Dass es um etwas geht.
„Muss es denn aber immer um die schweren Themen gehen?“ Natürlich nicht! Es muss nicht immer ernst sein und es muss auch nicht immer um Untreue, Verrat, das missglückte Leben, Wahnsinn oder Tod gehen. Aber erstaunlich oft geht es eben um solche Ereignisse. Oder die Angst vor ihnen.
Wenn Sie mögen, bewegen Sie diese Frage einmal im Kopf: In was für eine konflikthafte Situation möchten Sie nicht geraten? Wo beginnt es für Sie wirklich ungemütlich zu werden? Finden Sie drei Szenarien? Lassen sich diese Konflikte in Ihrer Vorstellung noch anheizen oder auch entschärfen? Spielen Sie mit den Möglichkeiten – und schreiben Sie doch einfach mal drauflos;-)