Lesung mit „Zwischenschritt“

11070498_945390778829263_3278982730828340953_nDie normale sog. „Wasserglas-Lesung“ besteht aus zwei Teilen: der Lesung und der anschließenden Möglichkeit, der Autorin, dem Autor Fragen zu stellen. Dabei wird der zweite Teil oft, was die Vorbereitung betrifft, ein wenig stiefmütterlich behandelt. Und obwohl ich von vielen Lesungs-Besucher*innen weiß, dass sie vor allem die Möglichkeit interessiert, die Autorin, den Autor im Gespräch zu erleben, kommt dieses oft nur holprig in Gang. Manchmal bereiten sich die Veranstalter vor, in dem sie sich ein paar Fragen überlegen, die die Sache aber nicht immer besser macht.

Ich habe in der Vergangenheit schon gerne und mit guten Rückmeldungen mit dem normalen Lesungs-Format experimentiert (vor allem mit „4 Texte, 3 Fragen„, das ich immer noch sehr gerne anbiete) und hatte auch hier auf dem Blog unter dem Titel „Lasst uns mal offen reden – über Lesungen“ zum Austausch angeregt.

Bei der Einladung, in der vergangenen Woche in der Stadtbibliothek Syke aus meinem Roman „Wiederholte Verdächtigungen“ zu lesen,  habe ich nun einen „Zwischenschritt“ eingeführt: nach der Lesung, die nur (auch das ein Wunsch vieler Leser*innen) 40 Minuten dauerte, habe ich berichtet, welche Fragen ich am häufigsten zum Buch gestellt bekomme („Ist das autobiografisch?“;“Warum  hat das Schreiben sechs Jahre gedauert?“) und versichert, dass mich keine davon schrecken kann. Dann habe ich erklärt, warum die scheinbar so einfach zu beantwortende Fragen nach den „autobiografischen Hintergründen“ tatsächlich auf einen erstaunlich komplexen Gegenstand zielt – und nach wenigen Minuten war die Atmosphäre deutlich aufgelockert. Die verbleibenden 40 Minuten vergingen rasch und mit einem wirklich sehr angenehmen und interessanten Austausch zu diversen Fragen des Romans und des Schreibens insgesamt. Ich kann diesen „Zwischenschritt“ also sehr empfehlen und werde ihn bei Lesungen, die die Möglichkeit des Austauschs vorsehen, beibehalten.

14 Kommentare

  1. Oh, das klingt wirklich sehr nach „Autorin zum Anfassen“, sehr schön! Kannst du schon sagen, ob du das in Lübeck ähnlich machen wirst?
    Liebe Grüße
    Christiane

    1. Liebe Christiane, ja, ich kann schon sagen, dass ich es in Lübeck nicht so machen werde, weil es von der Veranstaltung her ganz anders ist: Dort werden mehrere kürzere Lesungen in direkter Abfolge stattfinden – nämlich am 22.04.:
      18:05 Alexander Häusser „Zeppelin!“
      18:40 Anja Kümmel „V oder die vierte Wand“ (bestimmt auch sehr interessant!) und
      19:15 ich aus „Wiederholte Verdächtigungen“ …

        1. Oh!!! Du hast natürlich und erneut recht und ich sollte jetzt endlich realisieren, dass die Zahlen gerade nicht meine Freunde sind … (Ich korrigiere das schnell …) Aber bedeutet das, dass du kommst? Das wäre natürlich eine sehr schöne Aussicht!

  2. Liebe Jutta,
    und wann machst Du das mal in Augsburg?
    Wir haben da ja, wie mein Gastautor gestern am Beispiel Ani aufzeigte, auch tolle Möglichkeiten, die dazu beitragen, das Publikum aufzulockern: Literatur im Biergarten statt Wasserglas-Lesung.

    Aber so oder so: Dein Konzept klingt schlüssig – da hätte ich sogar mal wieder Lust in eine Autorenlesung zu gehen – die mich vor allem in letzter Zeit abgeschreckt haben, weil immer wieder dieselben Fragen kommen (des selben Typs Leser) 🙂

    1. Liebe Birgit, was viele ja nicht wissen (also du bestimmt schon, aber ich muss es hier einfach nochmal hinschreiben): Lesungen sind für die meisten Autor*innen eine/die wichtigste Erwerbsquelle. Das bedeutet, dass die meisten Autor*innen nichts lieber machen, als sich in den Zug zu setzen, nur muss es halt jemand bezahlen. Das hört sich jetzt erstmal ein bisschen sehr schwierig an, denn wenn ich nach Augsburg käme, entstehen Kosten für Fahrt und Übernachtung die in Syke nicht entstehen. Aber manchmal findet man trotzdem eine Lösung … (zum Beispiel könnte man sich mal in Augsburg umsehen, ob es nicht einen Veranstalter gibt, der eine der erfolgreichsten und sympathischsten Schreibanstifterinnen für einen ein- oder zweitägigen Workshop (Thema: „Meine Geschichte schreibe ich selbst, oder „Storytelling für xy“) buchen möchte. Und dann könnte die Lesung abends sein und die restlichen Kosten würden geteilt. Dafür wäre es natürlich toll, wenn man jemanden vor Ort hätte, der sich auskennt ;-)))
      Ich wünsche dir eine kreative Mittagspause und grüße gutgelaunt und herzlich!

      1. ich grübele bereits, wie ich diese erfolgreiche und höchst sympathische Schreibanstifterin nach Griechenland holen kann, für Workshop und Lesung. Eine Freundin aus Berlin macht in diesem Jahr einen solchen Versuch, ich bin gespannt, ob es und wie es klappt.

      2. Liebe Jutta,
        ich weiß das erst auch seit kurzem und war baff erstaunt! Mir war zwar klar, dass Autoren nicht nur von Tantiemen leben können, aber dass diese Reisetätigkeit das hauptsächliche Standbein ist…
        Wegen Augsburg: Gib mir etwas Zeit, aber mir fällt was ein. Und wegen der Übernachtung, außer Du bestehst auf das Steigenberger, müsstest Du Dir ja gar keine Gedanken machen! Ich würde sogar vorher mal putzen 🙂
        Aber die Idee mit dem Workshop … vielleicht kann ich da einen Kontakt aktivieren…
        LG Birgit

        1. Cool ;-)))) Und was die Einnahmen aus Tantiemen betrifft und weil das offenbar weitgehend unbekannt sind: Autor*innen erhalten in aller Regel grob 10 % vom Verkaufspreis (tatsächlich noch etwas weniger). Warum sich dann aber trotzdem auch die (unabhängigen) Verlage keine goldene Nase verdienen, kann man dieser Kalkulation entnehmen, die Voland & Quist vor einiger Zeit gebloggt hat: https://www.voland-quist.de/verlagsblog/buchkalkulation-was-verdienen-autor-und-verlag-an-buchern/. Von Mairisch gab es eine ähnliche …

  3. Liebe Jutta,
    das mit dem Zwischenschritt halte ich für eine gute Idee! Ich versuche mal zu erklären, warum ich denke, dass das so gut funktioniert. Wenn man zu einer Lesung geht, will man – Recht hast du – nicht das Buch hören, das kann man ja selbst lesen. Sondern man will in Kontakt mit dem/der Autor/in treten: Was ist das für eine/r? Hat er/sie mir etwas persönlich zu sagen?
    Die Lesungssituation (eine klassische one-to-many-Kommunikation) verhindert den Kontakt. Weil die Aufgabenteilung klar ist: Du kommunizierst, die anderen hören zu. Wenn man das erst mal 30 Minuten lang eingeübt hat, kommt man aus diesem Muster nur schwer wieder raus…
    Du durchbrichst mit deinem Zwischenschritt dieses Muster und simulierst schon mal das Frage-Antwort-Spiel, das ja später folgen soll. Und du zeigst schon mal ganz klar, was du für eine bist: Eine vertrauenswürdige Person, die auch mit den banalen, vielleicht dumm klingenden Fragen, wertschätzend umgeht – und sie sogar als Herauforderung versteht.
    Genauso funktioniert Kommunikation. Insofern: Alles richtig gemacht! Du könntest daraus sogar ein Prinzip machen, indem du das Publikum fragst: „Welche Fragen würden Sie mir gerne stellen, würden sich das aber normalerweise nie trauen?“ Du wärst quasi Fragensammlerin statt Antwortgeberin. 🙂
    Viel Freude weiterhin mit deinen Lesungen! Und liebe Grüße!

    1. Vielen Dank für diese schöne Erklärung – jetzt ist mir nochmal klarer, warum das „funktioniert“! Und vermutlich ist beides, was du erwähnst, wichtig: das Muster durchbrechen einerseits und andererseits deutlich machen, dass alle Fragen „erlaubt“ sind, sogar die bei manchen AutorInnen eher unbeliebten: Können Sie davon leben? Ist das autobiografisch? Woher nehmen Sie ihre Ideen? Herzliche Grüße und nochmals vielen Dank!

Ich freue mich über Kommentare!

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