Ich habe nichts gegen Ausländer …

unspecifiedWie könnte ich mich an der Blogparade „Schreiben gegen Rechts“ beteiligen, die Anna Schmidt aus Berlin initiiert hat und auf die ich durch Beiträge der überaus geschätzten Blogger-Kolleginnen Maren (Von Orten und Menschen) und Birgit (Sätze und Schätze) aufmerksam wurde?

Ich möchte gerne auf Texte, auf Überlegungen anderer hinweisen. Auf die Kolumne „Rechts“ von Carolin Emcke aus der SZ, einen beneidenswert klar und klug formulierten Text. Etwas länger ist das Interview,  das der Sozialpsychologe Harald Welzer (Initiator der Gesprächsreihe „Welches Land wollen wir sein?“) auf nachtkritik.de geführt hat, aber es enthält eine Reihe von Statements und Ideen, die nicht schon in jedem zweiten Artikel zum Thema zu finden sind. Und schließlich würde ich mich sehr freuen, wenn die großartige Aktion „wirmachendas.jetzt“ weitere MitstreiterInnen fände!

31 Kommentare

  1. Danke für all diese Hinweise, denen ich nachgehen werde.
    Mein persönliches Statement: Das Thema begleitet mich seit meiner Geburt. Daher wundert es mich, warum es plötzlich für so viele so wichtig geworden ist. Weil die Neuankömmlinge in der Mehrheit Moslems sind? Aber Moslems gibt es doch schon lange in Europa, Millionen und Abermillionen! Weil so viele Menschen auf einmal gekommen sind? Aber das geschah auch schon während des Jugoslawienkriegs. Und so viele sind es doch gar nicht – vielleicht eine oder zwei Millionen auf 80 Millionen Grundbevölkerung. Wo ist das Thema? Weil diese AfD Zulauf hat? Vorher war es die NDP. In meiner Heimatstadt bekam die mal grauenhafte 23 % und sackte dann in sich zusammen.
    Ich erinnere mich an eine Freundin, die mit einem Türken verheiratet war und Anfang der 70er auf dem evangelischen Kirchentag Blätter für das Recht der mit Ausländern verheireteten Frauen verteilte. So viel wie die angepöbelt wurde – auf eine stille, niederträchtige Weise! Wir hatten tatsächlich keine Rechte. Unsere Kinder hatten nur die Staatsangehörigkeit des Vaters, der allein das Verfügungsrecht hatte. Der Vater aber erwarb durch seine Ehe mit einer Deutschen keinen Anspruch auf Bleiberecht.
    Seither hat sich viel Positives getan, das Familienrecht hat sich verbessert usw.
    Was ich sagen möchte: ich möchte „für“ kämpfen, nicht „gegen“. Es ist nicht gut, sich auf die negativen Energien einzulassen.
    Also nicht „Gegen Rechts“- sondern „für mehr Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ überall wo Menschen leben.
    Liebe Grüße aus Athen.

    1. Liebe Gerda, ich stimme dir zu – und bin dennoch dabei … So geht es mir oft: ich bin zwiespältig und habe selten nur „eine Meinung“. Mir scheint alles, was mich umgibt, so komplex, dass ich mich selten von einem Slogan oder ähnlichem vertreten fühle. Manchmal überwiegen meine Bedenken, manchmal mein Wunsch „Farbe zu bekennen“, wenigstens das … Ich grüße dich herzlich!

      1. Liebe Jutta, ich versteh dich sehr gut. Auch ich bin hin und her gerissen. Aber mir liegt es mehr, in meiner täglichen Arbeit, auch in meinen Geschichten, die Normalität des Miteinander sehr verschiedener Menschen, egal welcher Sprache und Kultur, sozialen Klasse und Bildung, darzustellen und zu leben, anstatt sie zu problematisieren.
        Wir geraten zu leicht in den Sog der Medien, die uns dieses Thema Rechts – Nicht-Rechts (Links ??), Wir – Nicht-Wir (Ausländer? AfD?, Brandstifter?) aus aktuellem Anlass aufbinden wollen. Mit herzlichem Gruß aus einer ganz und gar friedlichen Ecke Griechenlands.

        1. Liebe Gerda, gerade scheint mir allein der Austausch, den du hier mit deinen berechtigten Fragen und Einwänden ausgelöst hast, ein Argument für meine Teilnahme an der Blogparade zu sein ,-) Das ist natürlich ein bisschen „hintenrum“ argumentiert und deswegen noch ein „echtes“ Argument: Ich sehe die von dir genannte Gefahr des „Herbeiredens“ und gerade Welzer sieht das eindeutig wie du (hätten die Medien Pegida nicht so aufgebauscht, gäbe es sie schon nicht mehr). Nur ist das eben mittlerweile keine Option mehr und ich habe angesichts der Selbstermächtigung der Rassisten für eine schweigende Mehrheit zu reden und zu handeln (!), das unbedingte Bedürfnis zu sagen: Nicht in meinem Namen!
          Letztlich haben wir alle ungesicherte Annahmen über die Situation und wie sie sich verändern wird, wenn wir x oder y machen. Das müssen wir aushalten. Ich wäre gerne eine, für die sich die Dinge eindeutiger darstellen, aber da es nicht so ist, versuche ich, das beste daraus zu machen und das scheint mir einmal mehr zu sein: Miteinander reden, sich austauschen …

          1. Unbedingt miteinander reden! Drum habe ich ja auch meine Ansicht zum Besten gegeben.
            Vielleicht hat mein Zögern auch damit zu tun, dass ich in Griechenland lebe und mein Zorn über die immer noch nicht anerkannte gewaltige Schuld des „Deutschen Reiches“ und seiner Nachfolger weiter schwelt. Ich darf mich diesem Zorn einfach nicht allzu sehr aussetzen. Vielleicht verstehst du mich besser, wenn du meinen Blogbeitrag „Danke Deutschland“ anschaust.
            Ganz herzliche Grüße aus Athen. Gerda

            1. Liebe Gerda, vielen Dank, dass du diesen Beitrag hier verlinkst hast! Und ja, ich bilde mir ein, dass mir jetzt deine Haltung noch verständlicher ist, als sie es ja sowieso schon war … Das Verhalten der Deutschen nach dem Krieg gegenüber Griechenland angesichts der so grausamen Verbrechen, das Auftreten in der unmittelbaren Vergangenheit, der Ton – all das empfinde ich als sehr beschämend und teile deinen Zorn.

      2. Mich hat – wenn ich mich mal einklinken darf, falls nein, entschuldigt bitte die Störung eurer Unterhaltung – das was Gerda in ihrem Kommentar schreibt sehr berührt. Das geht so tief und ist so richtig. Ich habe es ja mehrmals bei mir in Artikeln, manchmal implizit, manchmal expliziter, erwähnt, ich bin auch in gewisser Weise seit Geburt betroffen. Mir geht es was Diskriminierung angeht nur bedingt anders als zum Beispiel den Einwandererkindern meiner Generation, auch denen, die bereits in Deutschland zur Welt kamen, akzentfrei sprechen etc. Den Vergleich zog einmal die Tochter eines bosnischen Gastarbeiters, die mit bekam wie sich Leute auf der Straße hinter meinem Rücken aber in meine Richtung äußerten weil ich etwas anders aussehe als die meisten Leute und gleichzeitig aber auch nicht so wie die sich eine „Behinderte“ vorstellen. Ihr könnt vielleicht gar nicht ermessen, was wir – ich meine wenn ich „wir“ sage Situationen, in denen ich mit Atelier-Kind irgendwo bin – von ganz normalen, unauffälligen Leuten so abbekommen. Über Beleidigungen über Spucke hatten wir alles. Und bei der Polizei bekommt man dann so gute Ratschläge wie „Gehen Sie da halt nicht hin“. Also nicht mehr Lebensmittel kaufen, zum Spielplatz, zum Arzt, zur Schule…

        Das ist ähnlich wie das was Frau Emcke in ihrem Artikel thematisiert (danke Jutta für’s Verlinken, ich kannte ihn nicht), die Leute, die sich so verhalten haben natürlich nichts gegen „andere“, das sind ganz normale Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, die haben auch Tiere und Blümchen im Garten und mögen Stricken und Bücher und so weiter und sofort, die können gar nicht rechts oder behindertenfeindlich oder deutschtümelnd eingestellt sein. Außerdem haben sie für die Flüchtlinge Klamotten gespendet [hier haben das wirklich viele, die eine gar nicht mehr hilfreiche Haltung vertreten wenn sie einem von den neuen Mitbürgern persönlich begegnen oder böse Gerüchte streuen], die können also gar nichts gegen „andere“ haben. Einige arbeiten sogar mit Flüchtlingen, geben Kurse oder machen sonst was, also wie bitte kommt man dazu denen so was zu unterstellen? Ganz normale, nette engagierte Bürger…

        Ich kann aber auch Juttas Zwiespältigkeit gut nachvollziehen. Sagt man was, sagt man nichts, macht man was, macht man nichts… Das geht mir bei Themen, die mir wichtig erscheinen auch oft so. Im aktuellen Kontext nicht all zu sehr, weil ich mich nicht verstricken lassen möchte, und es betrifft mich so sehr, dass ich da vielleicht keine Grenze finden könnte, aber ich habe irgendwann auch erkannt, dass ich mich gerade deshalb gar nicht gesondert damit befassen muss. Auch zum Beispiel auf dem Blog bei mir nicht. Salma – die ja nun mal eine neue Mitbürgerin ist und wenn ich sage neue Mitbürgerin ist mir völlig egal ob aus Damaskus, Düsseldorf, Dehli, Den Haag, Dublin oder sonst woher, es handelt sich um einen Menschen und der wohnt jetzt hier und mehr zählt nicht – ist ja schon ein relativ fester Bestandteil in meinen Posts und wer regelmäßig liest weiß warum und wie das mit dieser speziellen Person gekommen ist. Da muss ich mir in meinem speziellen Fall keine Gedanken machen, ob ich das noch extra betone. Ist vielleicht mein Vorteil…

        1. Schön dass du dich eingeklinkt hast mit deinem ganz persönlichen Dilemma: wenn ich was mache, mache ich es nicht halb – und schon bin ich tief verstrickt. Das bedeutet ja nicht, dass du nicht jederzeit eine helfende Hand reichst, wo es dir möglich ist. Liebe Grüße Gerda

          1. Eben, wo es möglich ist und wenn ich das Gefühl habe, dass der Mensch es braucht und ich es geben will und kann. (Siehe bei mir im Blog Salma, Zenith etc. oder auch Laith, der UNS geholfen hat.) Und nicht nur weil es gerade Thema ist. Ich habe durchaus feststellen können, dass meine „Hilfe“ in ihrem Bezug auf einzelne Personen sehr wirkungsvoll sein kann.

        2. Danke, dass du deine Gedanken hier mit uns teilst – ich hatte es gerade schon Gerda gegenüber erwähnt: mir scheint der Austausch darüber, wo genau wir jeweils Probleme sehen und wo nicht, welche Fragen uns umtreiben und welche nicht, sehr wichtig und ich habe den Eindruck, es bräuchte mehr Orte dafür. Deswegen finde ich diese Reihe von Walzer gut und deswegen spricht mich z. B. die Idee, Buchhandlungen als Begegnungsorte zu nutzen (wirmachendas.jetzt) sehr an.
          Über die Ablehnung, die Diskriminierung, den Hass, dem Menschen mit Behinderungen begegnen, haben wir uns ja schon früher einmal ausgetauscht und ich finde es sehr wichtig, dass du darauf hinweist. Auch Anna Schmidt weist in ihrem Aufruf ja genau darauf hin: Wer Minderheiten ablehnt, wer ihnen gleiche Rechte abspricht, der schaut dabei nie nur auf ein Minderheit, sondern zieht eine Grenze um sich und diejenigen, die er oder sie für die „Eigenen“ hält.
          Ansonsten gefällt mir deine D-Reihe Aussage sehr: „… wenn ich sage neue Mitbürgerin ist mir völlig egal ob aus Damaskus, Düsseldorf, Dehli, Den Haag, Dublin oder sonst woher …“ Herzliche Grüße!

          1. Ich weiß nicht ob du mein „Saalprojekt“ im letzten Jahr irgendwie mal aufgeschnappt hast (da kannten wir einander bzw. unsere Blogs noch nicht), das hatte unteranderem wegen dem Ort, einer Begegnungsstätte, letztendlich genau die Bedeutung.

            Räumlichkeiten können in ihrer Gestaltung viel aussagen. Die Buchhandlung in der Hauptstraße meines Stadtteiles zum Beispiel ist nicht barrierefei, man muss Treppen hoch, nimm es als übertrieben – so wirkt es im ersten Moment und ich dachte es auch erst – damit selektieren die ihre Kunden. Die Senioren mit Rollatoren, die sich Bücher kaufen wollen kommen da nicht rein, ich rede also nicht nur von mir, die die Treppen nehmen könnte. Die sind sehr auf sich und ihre „Filterblase“ eingeschossen (keine Spezialhandlung). Die Buchhandlung „meines“ Händlers in der Innenstadt ist offen, da ist viel Platz und jeder – und es ist egal wer, ich war mit Atelier-Kind da, ich war mit Salma da, ich sah dort immer wieder Senioren – darf sich erst mal hinsetzen, alles durchblättern, kann auch Fragen stellen oder, wenn nichts los ist diskutieren. Ich habe mal fast eine Stunde Jelinek erklären „müssen“, als Salma mit war wurden gerade diese gerade modernen Malbücher für Erwachsene ausgelegt und eins hatte so orientalische Motive, da wurde dann Salma ausgefragt ob es das bei ihr so auch gäbe etc. Außerdem wurde ihr ungefragt das Sams vorgestellt, was sie aber gut fand. Es kann also funktionieren. (irgendwo bei mir habe ich auch einen Artikel mit so einem ähnlichen Erlebnis aus dem Wollgeschäft.)

              1. Danke für den Bremer Link. Das kommt leider häufiger vor. Sollte es dich je interessieren (wegen meiner auch zu Recherche-Zwecken, könnte ja mal sein), die kobinet-nachrichten(.org) berichten immer wieder über so was. Ist ein sich auf behindertenpolitische Belange spezialisiert habender Nachrichtendienst.

                Es ist möglich, dass du den Kommentar jetzt aus dem Spam fischen musst, weil ich die Saal-Sachen nicht entsprechend getaggt hatte.

                Damit fing es an: https://faedenrisse.wordpress.com/2015/08/31/gedanken-zu-einem-leeren-saal/

                Update: https://faedenrisse.wordpress.com/2015/09/10/saal-update/

                Auftritt Salma: https://faedenrisse.wordpress.com/2015/09/23/gute-menschen-saalprojekt-version/

                Uneditierte Notizen: https://faedenrisse.wordpress.com/2015/10/12/uneditierte-sonntags-saal-notizen/

                Wenn du willst, ich habe separat davon noch einen älteren, da war ich mit der geflohenen Nachbarin meiner Mutter bei Franz Marc. Den könnte ich dir auch raussuchen.

                Aber hier ist noch der Wollladen: https://faedenrisse.wordpress.com/2015/10/31/erstkontakt/

          2. „es kann also funktionieren“ – das ist ein schöner Satz, danke dergl., der unsere Lebenshaltung (Jutta, dergl und mich) gut ausdrückt. Ja, es kann funktionieren.

  2. Ich hab schon mal zum Thema Pegida usw etwas geschrieben und auch ähnlichen Themen. Ich würde gern eher mal ergründen wo den DIE rechten da her kommen, …mit einem gegen ist doch oft nicht viel gewonnen denn da kommt doch wieder nur ein gegen zurück..oder? Lässt Du Dich fallen wenn Dich jemand schubst. All die Pegidisten, Zündler, Radikale, Lechten, Linken sind sozusagen Kinder unserer Gesellschaft. In den meisten sitzt noch das Erbe des Nationalsozialismus, sei es geistig, seelisch, körperlich… Traumatrigger Flüchtling? Deutschland hat noch einiges aufzuarbeiten.

  3. Reden kann man viel, schreiben kann man noch viel mehr. Aber handeln, vor Ort zu sein. Konstruktive Maßnahmen an zu regen. Diese um zu setzen, das alles geht schleppend voran. „Wir sind ein Volk“, sind wir es denn wirklich. Ich glaube nicht. Fünfundzwanzig Jahre nach dem Fall der Mauer hat uns noch immer nicht zu einem Volk geschweißt. Wir denken immer noch zweigeteilt. Vergessen wird, das wir daran arbeiten müssen.
    Warum bedienen wir uns nicht der öffentlichen Medien, wie Fernsehen, Radio und klären zu einer bestimmten Sendezeit auf. Selbst „Radio Bremen“ oder „buten und binnen“ könnten doch da aktiv werden. Kreativität und Produktivität ist angesagt und nicht nur Anklage und Stellungnahme.

  4. Deine Hinweise sind klasse und ich werde sie mir in Ruhe anschauen – herzlichen Dank! Ob rechts oder links, schreiben, dichten, malen oder welche Form auch immer – das wichtigste ist für mich, dass wir alle auch mit Andersdenkenden im fairen Gespräch bleiben. Sensibilisieren und nicht stillhalten, wenn Richtungen eine gefährliche Fahrt aufnehmen. Herzliche Grüße!

    1. Das freut mich, vielen Dank! Und ja, dem kann ich sehr zustimmen: die Notwendigkeit, in einen fairen Austausch zu treten. Ihn einzufordern und ihn immer wieder auch einzuüben. Wir sind darauf angewiesen, dass möglichst viele Menschen willens sind, eine sachliche Auseinandersetzung zu führen. Sich Argumente anzuhören und sie abzuwägen. Das klappt in so erregten Zeiten bei den meisten mal besser oder schlechter, aber mir scheint im Moment der wachsende Anteil derer gefährlich, für die das gar keine Selbstverständlichkeit (mehr) ist.

Ich freue mich über Kommentare!

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