‚“Show Your Work“ (Austin Kleon) oder: Der Blog als Arbeitsjournal

51JJmS22OcL._SY494_BO1,204,203,200_Gekauft hatte ich dieses Buch um Anregungen für einen Workshop zu erhalten, also in gewisser Weise „für andere“, aber schon beim Durchblättern brachte es mich auf neue Ideen – für mich selbst. Und das hatte vor allem mit dem 3. Kapitel zu tun: „Share something small every day!“

Dabei fiel meine erste Reaktion auf diesen Vorschlag keineswegs positiv aus. Wann soll ich das denn noch machen?, dachte ich. Um dann zu grummeln: Woher soll ich denn um Gottes Willen jeden Tag etwas nehmen, das ich „teilen“, das ich „verbreiten“ kann? Dann fiel mir Susanne Haun ein und ihr toller Blog und dass ich sie in der Vergangenheit manchmal beneidet hatte, weil bildnerische Prozesse und Produkte sich „natürlich“ leichter darstellen, abbilden, zeigen lassen. Zudem hatte Susanne erwähnt, dass sie ihren Blog als Archiv nutzt, um ihre Arbeit zu dokumentieren und auch darum hatte ich sie beneidet – vollkommen sicher, dass das für mich als Autorin nicht in einer halbwegs vergleichbaren Weise möglich wäre.

Ist es vielleicht auch nicht. Aber ausprobieren und experimentieren möchte ich mit dieser Idee. Es gibt im Moment so viele unterschiedliche Projekte und Ideen, denen ich nachgehe. Oft stoße ich bei Recherchen auf einzelne Sätze oder Gedanken, von denen ich überzeugt bin, dass sie auch andere interessieren. Und schon lange reizt mich der Gedanke, diesen Blog als eine Art“Arbeitsjournal“ zu nutzen. Ich glaube, was mir gefehlt hat, war das Wort „small“. „Jeden Tag“ werde ich nicht so ernst nehmen, aber „small“! Einen Gedanken, eine Idee, ein Zitat. Und vielleicht ergibt sich daraus ja auch etwas Neues. Ein Austausch, eine Resonanz. Wenn ich es richtig sehe, wäre das ganz im Sinne von Austin Kleon.

Und was meint ihr dazu?

24 Kommentare

  1. Was für eine reizvolle Idee, auch Kleinigkeiten zu teilen, Unfertiges, nicht nur die eigene Arbeit betreffend, auch Auffälliges, was einem über den Weg läuft, Textstellen, über die man stößt, Gedanken, die dadurch ausgelöst werden, Diffuses, das noch im Schatten liegt und wartet. Wie viel Wertvolles wir wohl verwerfen, weil es uns unrund erscheint, für jemand anderen aber den entscheidenden Impuls geben könnte….
    Herzliche Grüße!

    1. Genau so stelle ich mir das vor! Du hast das ganz wunderbar treffend und einladend beschrieben und damit ja gewissermaßen genau das vollzogen, von dem hier die Rede ist – das freut mich wirklich sehr und ist ein beflügelnder Auftakt – sowohl in den Tag als auch in die neue Kategorie 😉 Herzliche Grüße!

  2. Liebe Jutta,

    da hast du ja für heute schon einmal ein wunderbares Blog mit uns geteilt: Susanne Haun – spannend! Danke sehr!
    Da das Teilen ja eines der Hauptsachen in Blogs sein soll, bist du auf dem richtigen Weg, aber nicht erst seit eben. Du teilst doch schon lange/immer (?), was dich interessiert und inspiriert. Das finde ich überaus nachahmenswert, komme aber nicht dazu, mich mehr mit dem Blogalltag zu beschäftigen. Vielleicht jetzt mit wieder einer neuen Anregung. (Und wenn ich dann mal das Prinzip der Geheimzeichen und Runen auf den Seiten meines Anbieters begreife.)
    Als Archiv ist mir Blog und Netz und alles, was darin steckt, noch fremd. Papier und ein Schreibuntensil sind mir viel näher. Dazu kommt die Frage: Wen, um Himmels willen, soll interessieren, was ich glaube, archivieren zu müssen?! Deine Sachen, Jutta, sind spannend für mich, meine empfinde ich natürlich anders. Sofort blitzt ein leises Unbehagen auf: Wie kann ich mich nur so wichtig nehmen und machen? Eine Frage, die hauptsächlich in weiblichen Köpfen schwirrt? Sei sittsam und bescheiden …

    Ein stürmisch unbescheidenes Wochenende und liebe Grüße
    Sylvia

    1. Liebe Sylvia, vielen Dank für deine Reaktion! Natürlich freue ich mich, dass du hier auch in der Vergangenheit schon die ein oder andere Anregungen gefunden hast – und dass ist ja auch tatsächlich achon auch von Anfang an „Sinn der Sache“. Und ich habe auch in der Vergangenheit ja schon versucht, Prozesse zu dokumentieren oder zumindest über sie zu berichten. Jetzt ist es gerade so, dass ich mit sehr vielen Themen, Prozessen, Projekten beschäftigt bin und überrascht bin, wie sich diese ganz unterschiedlichen (und gleichzeitig aber auch „unterirdisch“ miteinander verbundenen) Komplexe entwickeln. Ich empfinde das manchmal als Überforderung und öfter als Reichtum und möchte gerne versuchen, dafür Formen der Mitteilung und des Austauschs zu finden.
      Und dann ist es auch so, dass ich im Gespräch öfter erlebe, dass Menschen ganz überrascht sind, dass ich mich mit xy auch beschäftige, und dann bedauern, dass sie das nicht früher gewusst haben – sowas muss ja vielleicht auch nicht sein, wenn man schon einen eigenen Blog hat …
      Ach und zuletzt: deine Bedenken kenne ich gut! Bei mir hat sich das mit der Zeit entwickelt, bzw. abgebaut. Ich bringe dir das Büchlein zur nächsten Werkstatt mal mit 😉 Herzliche Grüße!

  3. Liebe Jutta,

    es kommt auf die Perspektive an — ich finde es nicht immer einfach, jeden Tag zu zeichnen und diese Zeichnungen zu zeigen. So wie du manchmal keine Worte findest, so finde ich auch manchmal keine Linien. Wenn ich keine Linien habe, dann fließen jedoch die Worte. Ich habe mir jedoch vorgenommen, durch das Bloggen nicht meine tägliche Zeichnung zu vernachlässigen….
    Lange Rede – kurzer Sinn, du hast also keinen Grund manchmal neidisch zu sein 🙂

    Einen schönen Freitag wünscht dir Susanne

    1. Liebe Susanne, ich merke immer wieder, dass ich besonders viel von Menschen lerne, die etwas (ganz) anderes machen als ich und das trifft auf dich und deinen Blog ganz besonders zu – also unbedingt sehr herzlichen Dank für die Anregungen, die ich dadurch erfahren habe! Und gerade stelle ich mir vor, in Zukunft die Prozesse, die dann irgendwann (bei mir ja oft erst nach längerer Zeit) zu den „richtigen“ Texten führen, mehr in den Blick zu nehmen. Wie werden sehen, was dabei herauskommt … Herzliche Grüße und ein schönes Wochenende!

      1. Liebe Jutta, mir geht es genauso mit deinem Blog – danke übrigens auch, dass du über mich (und meinen Blog) berichtet hast.
        Ich frage mich, ob ich mit kleinen Inspirationen skizzenhafte Zeichnungen unmittelbar erstellen kann.
        Liebe Grüße Susanne

    1. Bin ganz zuversichtlich, dass auch für dich etwas dabei sein könnte, liebe Maren! Heute ist ja ziemlich viel Hamburg in Bremen – hoffen wir, dass alles gut geht … Jedenfalls grüße ich dich besonders herzlich!

  4. Ich denke, dass kann gut gehen. Letztendlich liegt es daran, ob du dich damit wohlfühlst (du kannst ja damit experimentieren). Ich bin Mitglied in einer Emailkünstlergruppe, in der viel über den Prozess geteilt wird, das hat für mich einen positiven Effekt, da ich durch den Austausch viel lerne und für mich mutnehmen kann. Einige nutzen das auch als Entstehungsprozessbegleitung und schreiben jeden Tag was sie machen und wie weit sie sind, was sie blockiert, inspieriert oder was neu dazu gelernt wurde. Vielleicht hat das Bloggen als Dokumentationswerkzeug ähnliche „Auswirkungen“ für dich.

    1. Vielen Dank für diesen Hinweis! Ja, ich denke auch, dass es vor allem darum geht, zu experimentieren. Das schätze ich am Bloggen sowieso sehr. Dass es so offen dafür ist, etwas mal auszuprobieren und auch einfach wieder zu lassen, wenn es sich nicht bewährt. Und so hat sich mein Blog auch insgesamt entwickelt – ursprünglich hatte ich mir das alles ganz anders vorgestellt 😉 Schöne Grüße!

      1. Nichts zu danken 😉 Den letzten Satz könnte ich unterschreiben, das war bei meinem Blog auch so, ursprünglich wollte ich das ganz anders, mehr auf’s Künstlerdasein bezogen und unter anderem Themen reinbringen, die auch in der Emailgruppe angeschnitten oder sogar intensiv diskutiert wurden, und dann wurde es so wie es eben wurde. In meinem Fall hatte das sicher auch mit den Leuten, die es erreicht zu tun, so wie das ja oft ist wenn sich eine „Zielgruppe“ im erweiterten Sinne findet, war zumindest bei mir immer so, auch in der Prosa. Wenn ich an der „Zielgruppe“, die sich gefunden hat (die will nämlich auch nivht so wie ich das will) vorbei schrieb endete es jedes Mal im Desaster. Weil ich natürlich kein Desaster wollte – wer will das schon? – fing ich dann an abzuändern und dann war es immer und immer weniger meins und irgendwann gar nichts mehr, weil ab einem gewissen Punkt mir die Sprache wichtiger war als die Handlung. Wenn ich nun aber sehe, dass ich eine Zeilgruppe habe (und da habe ich viel durch mein Blog gelernt, das ich nie irgendwo beworben habe und das trotzdem großartige Leute als Leser und Kommentatoren hat, trotz des harten Hauptthemas, das sich herauskristallisierte) und mir von Anfang an denke „Die sind doch da“ und ich muss nicht um Leute kämpfen, dann ist es für mich viel einfacher und auch im Prozess leichter. Auch deshalb denke ich, dass es jemanden, der sich gut damit fühlt, Teile aus dem Prozess zu teilen, gut tun kann das im Blog zu tun. Es sind Leute da, die das annehmen, einfach weil es da ist und du was von dir gibst in dem Moment, das kann ein gutes Werkzeug gegen eventuell aufkommende Zweifel sein. Und häufig sind ja auch Werkstattgespräche recht beliebt, seine Arbeiten und ihre Entstehung in dem Kontext zu teilen, kann man als andere Form davon sehen, finde ich.

        Liebe Grüße aus dem noch schneefreien NRW!

        1. Jetzt hätte ich mich fast schon wieder bedankt 😉 Ich finde das interessant, was du dazu schreibst, wie sich dein Blog durch die Resonanz der Leser:innen verändert hat und dass das gar nicht so einfach war, unter einen Hut zu bekommen. Bei mir hat es sich eher dadurch anders entwickelt, weil ich einerseits keine Ahnung vom Bloggen hatte (ich habe kürzlich hier darüber geschrieben), aber eben auch und vor allem, weil die besseren Ideen ja oft erst während des Schreibens entstehen oder vielleicht auch Vorstellungen davon, was alles möglich ist. Und ich glaube für mich ist es vor allen Dingen ein guter und sehr willkommener Kontrast zu den literarischen Texten, an denen ich oft lange arbeite …

          1. Ich hab früher oft jahrelang an literarischen Texten gesessen (zum Teil auch, weil ich unbedingt Romangattung wollte und aber eigentlich nur richtig gut in Kurzprosa kann). Für mein Blog war beim Schreiben glaube ich gut, dass ich zu dem Zeitpunkt von mir gesagt habe, ich will gar nicht mehr Prosa, Fiktion oder sonst was Literarisches machen, ich bin also da ran gegangen mit der Einstellung „Ich mache Sachtext“. Dass nach über 20 Jahren sprachlich noch Prosaanklänge durchkommen, dafür kann ich nichts. Jedenfalls dachte ich im Mai nicht, dass ich nochmsl freiwillig einen Prosatext mache und erst letztens tat ich es doch. hier habe ich Anfang des Monats mal versucht meinen Lesern die Entwicklung des Blog zu erklären, weil es mich auch selbst so erstaunt hat, dass es so einen Anklang findet (worüber ich mich natürlich freue).

            1. Freut mich, dass es sich so positiv für dich entwickelt hat und ich glaube, dass es das öfter mal gibt: man gibt etwas auf oder verabschiedet sich von etwas, das man ziemlich lange ziemlich unbedingt erreichen wollte – und dann kommt es unversehens um die Ecke. Mit „guten Texten“ ist es eigentlich immer so. Zumindest für eine Weile muss man den Wunsch, der Text möge „gut“ werden abschütteln, um einen „guten“ Text schreiben zu können …

  5. Ich habe neulich einen Satz gelesen, der mir sehr zu Herzen ging: „Wie macht man sich Gedanken, wenn man niemanden zum Sprechen hat.“ – Die Essenz für mich: Gedanken, Ideen kommen im Austausch erst ans Licht oder zur Reife. Insofern ist Dein Plan sicher ein guter: nur zu!

    1. Vielen Dank für diesen Satz, diesen Hinweis! Mir geht das auch öfter durch den Kopf – zuletzt, als es hier im Blog und auch auch ganz real um „Lesungen“ ging. Dass es viel zu wenige Orte gibt, an denen Menschen halbwegs mühelos miteinander ins Gespräch kommen können und dass es vielen dadurch auch an der entsprechenden „Praxis“ fehlt. Auch deswegen gefällt mir der Gedanke, hier auf dem Blog noch etwas mehr als bisher schon zum Austausch einzuladen. Schönen Dank für deine aufmunterndes „nur zu!“ und vielleicht bist du ja auch gelegentlich dabei – würde mich freuen!

  6. Na dann…,
    dass ist das Schöne daran. Alles verändert sich, so bald es von uns ausgesandt wird. Egal ob wir, reden, malen, schreiben.
    Vielleicht liegt es am Empfänger. An der Wellenlänge, an der Begriffsfähigkeit.
    Worauf kommt es denn an, im Leben?
    Bewusstsein, sich des Lebens bewusst zu sein. Zu spüren, mit sich zu sein.
    Arbeit, Rapport mäßig, dokumentieren. Wozu?
    Als Erinnerungsstütze, als Antrieb, als Motor, als Beweis

    Es beginnt die Adventszeit, eine dunkle Jahreszeit.
    Eine Zeit in der ein Licht, ein kleines Licht unsere Seelen, unseren Geist erwärmt. Ruhe finden lässt.
    Sammeln, pausieren, neu ordnen.

    1. Liebe Monika, vielen Dank für deine Zeilen! Ich leihe mir mal rasch einige „deiner“ Verben aus und lese: reden, malen, schreiben, sammeln, pausieren, neu ordnen – was für ein schönes Motto für den Advent! Herzliche Grüße!

Ich freue mich über Kommentare!

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