Welche Rolle spielen die Marketingabteilungen der Verlage?

Obwohl mich nicht allzuviel Geschichten aus dem „Betrieb“ erreichen, habe auch ich schon davon gehört: von Autor:innen, die sich angesichts der Begeisterung, die ihr Manuskript beim zuständigen Lektor geweckt hatte, schon mit dem Verlag einig wähnten – und dann vom Veto der „Marketingabteilung“ erfuhren. „Wer soll denn da die Zielgruppe sein?“, habe der konsternierte Lektor ihm die entscheidende Frage weitergereicht, erzählte mir ein Autor, den ich vor Jahren bei einem Autorentreffen kennengelernt habe, der sich seither zahlreicher Auszeichnungen erfreuen durfte und bei dem ich immer sicher war, dass er sich um einen guten Verlag würde keine Sorgen machen müssen – wenn er einmal „sein Zeug zusammenbringt“ …

Ich hätte gerne schon früher einmal darüber geschrieben, aber mein Eindruck war, dass weiten Teilen der „literarischen Öffentlichkeit“ dieser Sachverhalt so abwegig, so unglaubwürdig vorkommt, wie es ja eigentlich auch der Fall sein sollte. Dazu passend hatte ich den Eindruck, dass da, wo diese Enwicklung von Autor:innen beklagt wird, schnell der Vorwurf im Raum steht, da wolle jemand ausbleibenden Erfolg (oder das Ausbleiben des „ganz großen Erfolgs“) mit verschwörungstheoretischen Behauptungen erklären.

Und nun lese ich in der FAZ ein Interview mit der Agentin des aktuellen Buchpreisgewinners Frank Witzel (und langjährigen Verlegerin des Berlin Verlags) Elisabeth Ruge, an deren Sachverstand niemand auch nur den leisesten Zweifel haben kann, was sie zu dem Stichwort sagt „für eine Marketingabteilung muss das (Anm.: Witzels Text „Die Erfindung der RAF-Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1968″) der Horror sein“:

„Grundsätzlich halte ich es für fatal, dass in manchen Häusern die Marketingabteilungen mittlerweile mehr zu sagen haben als die Lektoren – das war, als ich anfing und das Büro mit dem legendären Günther Busch teilte, einfach undenkbar. Auf diese Weise werden viele interessante Bücher abgelehnt, weil man vor allem more of the same möchte. Den Verlagen würde es richtig guttun, wenn es ab und zu eine einsame Entscheidung geben könnte, wenn man einfach mal einem engagierten, erfahrenen Lektor traute.“

Das Interview ist insgesamt sehr lesenswert, es enthält den  wunderbaren Satz, dass guter Stil eine gerade tröstliche Qualität hat (unter diesem Titel ist das Interview auch in der FAZ erschienen) und der von mir nun herausgestellte Aspekt steht keineswegs im Mittelpunkt des Gesprächs. Aber ich bin nun froh, auf diesen beklagenswerten Umstand einmal hinweisen zu können – und darauf, dass also leider keine Rede davon sein kann, dass „sich das Gute auf die Dauer“ immer durchsetzt. War das nicht immer schon so? Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich. Was meint ihr?

Nachtrag (19.11.2015): Erst durch die Kommentare (vielen Dank dafür einmal mehr!) ist mir deutlich geworden, dass ich den Titel dieses Beitrags zu allgemein formuliert hatte – denn das, was ich als „falsche Entwicklung“ empfinde, betrifft ja allein die sog. Literaturverlage – dass es sich bei „Mainstream“-Verlagen so verhält, ist auch für mich weder überraschend noch beklagenswert.

20 Kommentare

  1. Liebe Jutta,
    gerade vor ein paar Tagen habe ich über die Marketingabteilung und ihren Hinweis auf die Zielgruppe gelesen – und bin recht überrascht gewesen. Der Blog „Das Debüt“ hat mehrere Interviews mit einem Debütanten geführt, dabei hat er genaus diese Geschichte erzählt (http://dasdebuet.com/2015/11/13/interview-vor-dem-debuet-seitwaerts-zum-roman-teil-1/). Klar, dass es bei Cremes und Shanpoos verschiedene Käuferschichten gibt, das kann ich nachvollziehen, wenn ich vor dem Regal im Drogeriemarkt stehe. Dass auch Buchcover andeuten können, um was für eine Art Roman es sich handelt, darüber haben wir auch immer schon einmal hier auf den Blogs diskutiert – auch mit der Erkenntnis, dass das Cover da manchmal ein ganz falsches Signal gibt. Dass aber Marketingabteilungen eine Geschichte und die Art der Sprache nach solchen Kriterien beurteilen – und dann auch noch ablehnen -, das ist mir so nicht klar gewesen. Wo das Marketing in einer merkwürdig verstandenen Art und Weise manchmal sein Unwesen treibt! Und dann denke ich manchmal auch ganz neugierig darüber nach, zu welcher Zielgruppe ich denn zähle…
    Viele Grüße, Claudia

    1. Liebe Claudia, ich hatte – vielen Dank fürs Verlinken! – genau diesen Beitrag auch gelesen und überlegt, ob ich auf ihn verweise und habe es dann nicht getan, weil ich die Selbstverständlichkeit mit der der Autor über diese oder jene Fotos in seiner „Mappe“ (!) nachdenkt ein wenig verstörend fand. Und obwohl es einerseits der willkommene Beleg zur Untermauerung der These vom zu großen Einfluss des Marketings ist, mochte ich es nicht „verwenden“, weil ich (was möglicherweise naiv ist) schon immer noch glaube, dass er „übertreibt“ und dass es vernünftiger wäre über Stärken oder Schwächen des Textes nachzudenken. Aber vielleicht macht er es auch genau richtig?! Auch davon habe ich schon gehört, von Autorinnen, die im Vertrag zusichern mussten, eine bestimmt Haarfarbe nicht zu ändern oder einen bestimmten „Typ“ darzustellen. Ich halte das noch immer für Ausnahmen, ich denke meist, dass es sich im Bereich „der Literaturverlage“ dann doch noch anders verhält – aber letztlich sind es, wie auch das Interview mit Elisabeth Ruge zeigt, leider nur Nuancen, denn auch dort sitzt die Marketingabteilung mit am Entscheidungstisch …

      1. Hallo Jutta, hallo Claudia, ich bin derjenige, der das Interview gegeben hat auf dasdebut. Freut mich, dass Ihr den Text gelesen habt. Was meinst du mit Selbstverständlichkeit, mit der ich über eine Mappe nachdenke, Jutta? Beziehungsweise: Was hat dich verstört? Ich stimme dir voll und ganz zu: Erst mal muss natürlich ein Text/ein Werk gut sein. Aber ich höre selbst von professionellen Schreibausbildungen, dass die Gestaltung/die Konzeption einer Mappe zur Ausbildung gehört. Die Teilnehmer arbeiten monatelang an ihren Werken, und dann arbeiten sie noch einmal intensiv an den Text begleitenden Mappen – um sich und ihr Werk zu präsentieren. Sicherlich wird es Unterschiede geben zwischen den Verlagen, zwischen denen, die anspruchsvolle Literatur und denen, die eher Pop herausbringen, ich habe da zu wenig Einblick und will niemanden als oberflächlich abstempeln. Meine Erfahrungen bislang (nicht repräsentativ, und sie bezieht sich eher auf die Agenten als die Verlage) sind aber, das diese Fragen (Was ist deine Zielgruppe? Was ist dein Vermarktungsansatz? Ist der Typ bühnen-/lesetauglich?) sehr häufig gestellt werden. Ach so, und zum Thema Fotos: Vielleicht habe ich das im Interview etwas locker ausgedrückt: Ich habe mir da durchaus sehr viel Gedanken gemacht (und mache sie mir weiterhin), weil Fotos eben auch ein Teil der Gesamtpräsentation sind. Ich will aber keinesfalls sagen, dass ich weiß, wie das Business läuft oder wie man es richtig macht. Ich habe bislang nur ein Sachbuch bei einem Mini-Verlag rausgebracht (wo sich im Übrigen alles, angefangen bei der zugrundeliegenden Idee über das Timing der Veröffentlichung bis hin zur Covergestaltung) ums Marketing gedreht hat. Das Buch ist trotzdem ein Reinfall gewesen (weil das Marketing nicht aufgegangen ist oder weil es inhaltlich nicht gut war?). Ich bin insofern beim Thema Roman in einem Trial-and-Error-Prozess auf Neuland unterwegs und weiß noch nicht, ob am Ende vielleicht auch ein Error stehen wird. Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn du Hinweise hast, nehme ich die gerne auf. Danke und viele liebe Grüße… Oliver

        1. Hallo Oliver, großartig, dass du dich hier zu Wort meldest! Ich habe schon bevor ich deinen Kommentar las einen kurzen „Nachtrag“ zu meinem Post formuliert, weil mir durch die bisherigen Kommentare deutlich geworden ist, dass ich klarer hätte benennen sollen, von welchen Verlagen ich rede (Suhrkamp, Hanser, usw.) und welchen Texten (literarischen). Und da hat sich offenbar an den verlagsinternen Entscheidungsprozessen etwas verändert – genau das sagt ja Elisabeth Ruge, die als ehemalige Verlegerin und jetzt sehr erfolgreiche Agentin weiß, wovon sie spricht.
          Und ich war, weil das Interview mit dir auf einem Blog erschien, den ich als „literarisch gerahmt“ hatte, einfach verwundert, wie viel Raum in diesem Interview Fragen der Vermarktung, der Mappe, der Fotos einnehmen (die ich gar nicht für irrelevant erklären möchte) und wie wenig Raum die Fragen, die sich auf den Text beziehen und was es z. B. konkret in deinem Fall bedeutet hat, einen Text „massentauglicher“ zu machen.
          Meine „Verstörung“ hat vielleicht auch damit zu tun, dass die Erfahrungen, die ich selbst mache, von denen ich höre vollkommen widersprüchlich sind. Gerade hat z.B. eine Frau, die ich kenne, eine Leseprobe an eine wirklich große Agentur geschickt. Eine der Agentinnen hat positiv reagiert und möchte sich nun das komplette Manuskript ansehen. Wenn es sie überzeugt, wird sie es vertreten, da bin ich mir sicher. Ein Foto der Autorin hat sie bislang nicht gesehen.
          Bei mir war es übrigens so, dass ich sehr lange gebraucht habe (bei mir hat einfach alles sehr lange gedauert 😉 bis ich für mich, für meine Texte die richtigen TestleserInnen gefunden hatte. Und als ich sie dann hatte, hat der Austausch meine Texte, mein Schreiben enorm vorangebracht.
          Viele Grüße und vor allem natürlich: viel Erfolg!
          Ich finde

      2. Liebe Jutta,
        nun möchte ich mich auch kurz in diese wunderbar lebendige Debatte einklinken, weil ich das Interview mit Oliver auf http://www.dasdebuet.com geführt habe.
        Keine Sorge, wir von „Das Debüt“ interessieren uns für Literatur und nicht für Marketingstrategien. Deshalb freut es mich, dass du uns „literarisch gerahmt“ hast. Allerdings interessieren mich grundsätzlich alle Geschichten rund um das Romandebüt. Deshalb habe ich in der Vergangenheit einige Interviews mit Menschen geführt, die noch keinen Verlag für ihren Roman gefunden haben. Und in diesen Interviews beleuchte ich dann tatsächlich eher die Suche nach einem Verlag, bzw. den Weg an die Öffentlichkeit, als den konkreten Text. Bei Oliver lag der Schwerpunkt auf der Vermarktung, bei anderen Interviews u.a. auf Schreibwerkstätten oder Selfpublishing.
        Hier ein Link zu einem dieser Interviews: http://dasdebuet.com/2014/12/12/interview-vor-dem-debut-die-im-dunkeln-sieht-man-nicht/
        Herzliche Grüße,
        Sarah von „Das Debüt“

        1. Liebe Sarah, freue mich sehr über deinen Kommentar und auch über das Interview – das ich mit großem Interesse gelesen habe! Ich kenne Menschen, denen es sehr ähnlich geht und ich finde, dass die „Unmöglichkeit“ dieser Situation in dem Gespräch großartig zum Ausdruck kommt, u.a. die Unmöglichkeit einzuschätzen, wie die eigene Lage eigentlich ist. Liegt es am Text, dem vielleicht doch noch etwas fehlt? Und wenn es so ist, ist es etwas, das ich in der Lage bin, dem Text zu geben? Oder hat es mit dem Text nichts zu tun? Ist es Pech? Hat es nur noch nicht die richtige Person gelesen? Bin ich zu alt oder fehlt mir irgendein gut zu vermarktendes Detail in meiner Biographie? Wäre es vernünftig „dran zu bleiben“ oder sollte ich einsehen, dass es mir an was auch immer fehlt?
          Jedenfalls finde ich es großartig, dass ihr diese ganz unterschiedlichen Aspekte auch derjenigen Autoren beleuchtet, die vielleicht „nur eine Email vom Debüt entfernt sind“ und ihre Bemühungen, einen Verlag zu finden. Als ich das Interview mit Oliver las, hatte ich diesen Hintergrund nicht und war irritiert, warum da so viel von Fotos die Rede ist … Das kommt mir jetzt ein bisschen blöd vor – also werde ich euch sofort mal auf meiner Blogroll verlinken 😉
          Herzliche Grüße!

    2. Und hier kommt noch ein Link aus der ganz anderen Perspektive von Daniel Lenz, in der im Zusammenhang mit der Auswertung von Leserdaten beklagt wird, „spätestens bei der Hochliteratur dürfte das eine oder andere Bauchgefühl im Lektorat dafür sorgen, dass selbst bei ausgewiesenen Lesekillern keine Hand angelegt wird – zu unangenehm der Dialog mit dem vom Feuilleton verwöhnten Autor, der sich beim Verleger beschweren oder gar auf dem Sprung zum nächsten Verlag sein könnte.“
      http://www.buchreport.de/nachrichten/verlage/verlage_nachricht/datum/2015/11/18/mehr-als-kribbeln-im-bauch.htm

  2. Liebe Jutta,
    letztlich muss jedem klar sein, dass ein Verlag ein Wirtschaftsunternehmen ist. Die Entscheidung, ein Buch zu machen, muss immer auch wirtschaftlich zu vertreten sein, es sein denn, man gibt sich mit dem einen Buch zufrieden und macht dann nie mehr eins. Natürlich gibt es bei erfolgreichen Verlagen auch die Möglichkeit der Querfinanzierung, d. h. ein Bestseller trägt die Kosten für andere, weniger erfolgreiche, aber vielleicht wichtige Bücher mit. Aber den Bestseller muss man auch haben, der lässt sich auch nicht einplanen. Also kann die Veröffentlichung eines Buches bei einem Verlag immer nur von Lektorat und Marketing begleitet werden, unter anderem natürlich auch deshalb, weil das Marketing erstmal einen Ansatz braucht, um das Buch zu verkaufen – denn von selbst verkauft sich kaum einmal etwas.
    Viele Grüße
    Manfred

    1. Lieber Manfred, ich kann deinem Kommentar in vielem zustimmen – und zugleich liegt die Tücke für mich (wie so oft) im Detail. Einerseits mag ich es auch nicht, wenn AutorInnen oder andere Menschen vollkommen erstaunt (und pikiert) auf den Umstand reagieren, dass wir in einer kapitalistischen Gesellschaft leben, in der Geld zu verdienen, eine (die) zentrale Rolle spielt. Und manchmal denke ich, dass es vielleicht gut ist, wenn es vollkommen unübersehbar deutlich wird, dass das für alle Bereiche gilt. Die Vorstellung, dass das anders sein könnte, haben die üblichen Verdächtigen unter den Literaturverlagen allerdings lange genug selbst geschürt, indem sie den Eindruck erweckten, sie seien eben nicht ein „Unternehmen“ wie jedes andere – und man könnte auch auf die paradoxe Idee kommen, genau das sei vielleicht auch ihr „Markenkern“.
      Und dann ist ja eben die andere große Frage, ob die „Marketingleute“ denn wirklich eine bessere „Prognose“-Quote besitzen als die Lektor:innen? Das wird sich niemals empirisch überprüfen lassen – aber ich habe meine Zweifel.
      Herzliche Grüße!

  3. Liebe Jutta,
    „gut“ ist ein recht subjektiver Begriff. Für jede Marketingabteilung wird etwas anderes als „gut“ gelten.
    Ob sich Gutes durchsetzt? Auch das ist wieder Abhängig von der Bevölkerungsstruktur ja und auch vom jeweiligen Verlag. Wie definiert sich der Verlag, was sind seine Ansprüche?
    Von den „guten“ Büchern, von denen du sprichst, wird sowieso nur eine verhältnismäßig kleine Zieggruppe angesprochen, 10% der Bevölkerung? Es ist ein wahlloser Schätzwert.
    Und wir müssen immer daran denken, bei Verlagen und auch bei Galerien (in Bezug auf Kunst), das Unternehmen muß wirtschaftlich arbeiten, dass heisst, es ist keinem gedient, wenn sie Insolvenz anmelden müssen.
    Gibt es denn noch Verlage, die aus reinem Idealismus bestehen? Das heisst, gibt es Verlage, wo der VerlegerIn Geld „von zuhause aus“ mitbringt und keinen Gewinn erwirtschaften muß und rein das herausbringen kann, was er/sie für gut hält?
    Grüße von Susanne

  4. Liebe Susanne, das ist gut, dass du zurückfragst – denn es ist ja genau so, wie es deine Fragen vermuten lassen – kompliziert! Und tatsächlich habe ich auch eine gewisse Scheu davor, Themen hier auf dem Blog zu verhandeln, die so komplex sind und bei denen mein Blickfeld eher begrenzt ist.
    Was „gut“ bedeuten kann, ob es sich im „Subjektiven“ erschöpft (meiner Überzeugung nach nicht) und wieviele Menschen dafür zu gewinnen sind (auch das ist ja nichts, das so und nur so zwangsläufig sich verhielte und unabhängig wäre von gesellschaftlichen Strukturen, die auch anders sein könnte, wenn Menschen z. b. erfüllteren Leben nachgehen könnten usw.) sind Fragen, für die wir tatsächlich wohl eher einen Philosophie-Blog benötigten 😉
    Was ich beantworten kann: Ja, es gibt sehr viele Verlage, die vor allem aus Idealismus zusammengehalten werden (auf die meisten der sog. „Unabhängigen Verlage“ trifft das zu), auch es dort oft nicht Geld ist, das die Verleger:innen und Mitarbeiter:innen mitbringen, sondern schlecht oder kaum bezahlte Arbeitszeit – was aufs gleiche hinausläuft …
    Und selbstverständlich sollen Verlage und Galerien Geld verdienen und die dort arbeiten sollen auskömmlich davon leben können – aber sie sollen auch nicht panisch jedem vermeintlichen Trend hinterherrennen, sondern weiterhin das tun, was sie ja in der Vergangenheit oft genug getan haben – auf ihre eigene Urteilsfähigkeit trauen und ihre kreativen Mittel und Ressourcen dafür einsetzen, dass ein Erfolg draus wird … Hat ja mit Herrn Witzels „Erfindung …“ dann auch ganz gut geklappt …
    Herzliche Grüße!

    1. Liebe Jutta,
      aus meiner Erfahrung ist es ist ein Trugschluß zu glauben, dass man als Kreativer wüßte, was das Publikum möchte. Ich habe die besten Erfahrungen damit gemacht, einfach das zu machen, was aus meinem Inneren kommt und nicht dem „vermeintlichen“ Beliebten.
      Aber ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass ein gutes Marketing auch bei den Bildern aus dem Inneren notwendig ist.
      Ich bin etwas in Eile, ich besuche diese Woche einen kunsthistorischen Workshop zur Zeichnung in der Frühen Neuzeit/Renaissance.
      Ich freue mich schon, um 10 Uhr geht es los,
      liebe Grüße von Susanne

  5. Liebe Jutta,

    hier nur eine Antwort eines Verlages auf mein eigesendetes Manuskript in ungefährem Wortlaut:
    „Wenn Sie jetzt einen Dreiteiler hätten, und zwar im Genre Fantasy, Si-Fi oder Krimi, besser noch Thriller, würden wir das sofort nehmen. Das sind nämlich die Themen, die sich zur Zeit gut verkaufen. Da ist es auch relativ unerheblich, wie es um die Qualität des Textes bestellt ist. Die Bücher laufen von selbst.“
    Auch in dem Studium, das ich gemacht habe, wurde uns immer wieder nahegelegt, in einem gängigen Genre zu schreiben.
    Tja.

    Ich finde es, wie jetzt schon oft erwähnt, völlig in Ordnung, Geld verdienen zu wollen und zu müssen.
    Allerdings gibt es in großen Buchhandlungen diese Tische am Eingang, die sich biegen. Weil sich dreiteilige Fantasy etc. dort stapelt. Mich wundert aber auch nicht, dass das die Renner sind, denn die Buchhändler-innen preisen fast ausschließlich an, was dort liegt. Sind es wirklich die Kunden, die den Markt bestimmen, oder sind es die Verlage bzw. die großen Buchhandlungen, die den Kunden bestimmen?
    Es geht ja seit langem das Gerücht, dass Ketten wie Thalia und Hugendubel den Verlagen vorschreiben, was sie zu kaufen haben. Ist da etwas dran?

    Und doch gibt es die kleinen und mittleren Verlage, die Perlen suchen und finden. Wenn ich auch nicht an den Weihnachtsmann glaube, daran glaube ich ganz fest!

    Liebe Grüße! (Gestern zum Jubiläum habe ich bei Regina im Drehbuch-Kurs gesessen.)

    1. Liebe Sylvia, da würden jetzt einige Leser:innen deines Kommentars sicherlich gerne wissen, um welchen Verlag es sich handelt, der nahezu unbesehen Genre-Literatur einkauft. Ich vermute, die wollten ich ärgern 😉 Im Ernst: Natürlich werden auch Verkaufszahlen „gemacht“ und sind nicht das Ergebnis eines fairen Wettkampfs. Thalia ist ja seit Amazon sich zum erklärten Lieblingsfeind aller LiteraturliebhaberInnen entwickelt hat etwas aus dem Blickfeld geraten – und zudem haben sie ja mit größten Schwierigkeiten zu kämpfen. Zu deiner Frage, bei der ich nicht sicher bin, ob ich sie richtig verstehe („… den Verlagen vorschreiben, was sie zu kaufen haben“) könnte evtl. dieser Beitrag von 3sat informativ sein (http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/themen/143983/index.html
      Herzliche Grüße – und schön, dass wir uns hier auch über unsere Abendgestaltung auf dem Laufenden halten 😉

      1. Liebe Jutta,
        der Bericht, der sich hinter deinem Link verbirgt, bestätigt es wohl. Thalia, wenn sie denn noch im Spiel sind, bestimmen, was der Verlag an Manuskripten einkauft – natürlich nicht immer und ausschließlich, aber anscheinend zu einem recht hohen Anteil. Bei Kleidung, Nahrungsmitteln u.a. läuft es schließlich ähnlich. Wie idealistisch zu glauben, die Kunst sei von marktwirtschaftlichen Überlegungen ausgeschlossen. (Und diesen Glauben halte ich dennoch für einen sympathischen, mag er auch naiv sein.)
        Um welchen Verlag es sich bei dem potentiellen Käufer ungesehener Genreliteratur gehandelt hat, weiß ich nicht mehr. Ich hatte, meiner Meinung nach, passende Adressaten für mein Manuskript z.B. aus Sandra Uschtrins Autorenhandbuch ausgesucht und die erst einmal angerufen, um herauszufinden, ob Interesse am Stoff besteht. Die oben frei zitierte Antwort habe ich am Telefon bekommen, und ich ahne, dass sie ernst gemeint war.
        Genauso gibt es aber Verlage, die sich ausdrücklich vom Massentauglichen distanzieren und ihren Idealen Platz lassen. Erlebt habe ich das beim Sujet-Verlag aus Bremen, dem Leipziger VentVerlag, dem ACABUS Verlag aus Hamburg und einigen anderen.
        Heilfroh bin ich über findige Buchhändlerinnen, die sich den Blick für das bewahren, was auch mich berührt und die mich nach wie vor gut beraten.
        Unser Austausch über unsere Abendveranstaltungen, liebe Jutta, ist ja im Grunde Schleichwerbung – unbedingt verdiente.

        1. Liebe Sylvia, so ganz verstanden habe ich noch immer nicht, wie Thalia die Manuskriptauswahl der Verlage bestimmt – aber „schlimm genug“ scheint mir, dass die Verlage für die „guten Lagen“ zahlen müssen oder auch dafür, dass ihre Bücher im Prospekt auftauchen.
          Aber ich habe auch eine gute Nachricht: die sog. „unabhängigen Verlage“ stehen für genau die unbestechliche Auswahl an Texten, die nicht nur uns beiden wünschenswert scheint. Und es sind ganz schön viele, wie ein Blick auf diese Liste zeigt:
          https://derhotlistblog.wordpress.com/liste-unabhangiger-verlage-deutschland/
          Viele Grüße!

Ich freue mich über Kommentare!

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